C.S. Lewis
» Die Chroniken von Narnia
Autor: | C.S. Lewis (Großbritannien, 1956-1960) |
Titel: | Die Chroniken von Narnia |
Ausgabe: | Brendow Verlag, 2005/2009 |
Erstanden: | Aus den Regalen unserer Kinder |
Beim Aufräumen stieß ich auf ein Heft aus der Grundschulzeit unseres Sohnes, wo er liebevoll illustriert seine Eindrücke von »Narnia« niedergelegt hatte. Was überdies zu seinen Lieblingsfilmen gehört, naheliegend, dass er mir ans Herz legte, nun endlich die literarische Vorlagen kennen zu lernen. Und das führte zu einer so spannenden Lektüre, dass ich alle sieben Bände binnen weniger Tage im Juno/Juli »durchknusperte«. So dass ich dem Spruch des Autors »Kein Buch ist es wert, von Kindern gelesen zu werden, wenn es nicht auch von Erwachsenen gelesen werden kann« in vollem Umfang beipflichte. Hinzu kommt, dass ja nur 3 der 7 Chroniken (Bd.2, Band 4 und Band 5, also der »König«, »Prinz Kaspian« und die »Morgenröte«) verfilmt wurden. Wobei gerade der magisch-zauberhafte erste Band »Das Wunder von Narnia« (engl. »The Magicians Nephew«) unter den Tisch fiel, obwohl gerade der für das Verständnis der Reihe maßgeblich ist – aber bei Disney zählt so etwas nicht. So entfällt im Film auch der häufige Wechsel zwischen Realität und Phantasie, der Magie Narnias, der Leinwand Plot ist nicht halb so raffiniert wie die Bücher. Die Geschichten um das magische Land Narnia, seinem märchenhaften König, den Löwen Aslan, die Kinder Lucy, Susan, Peter, Edmond, Eustachius, die weiße Hexe Jadis, die magischen Gestalten Tumnus (der Faun), Reepicheep (die kämpferische Maus), die Biber, der boshafte Zwerg Kinnarbrik, der wunderliche Onkel Edward sowie Prinz Kaspian – das fügt sich zu einem Universum spielerisch zwischen Magie und Realität, was – sicher nicht zufällig- mit einer Flucht der Kinder aus dem von den Nazis bombardierten London beginnt.
Im ersten Band »Das Wunder von Narnia« lernen wir die Hauptfiguren kennen, das Onkel Andrew ein völlig anderer Charakter als im Film ist, wie cholerisch-überheblich Jadis ist, wie die (Londoner) Laterne mitten hinein in die Wälder von Narnia kommt. Und welche Bewandnis es mit dem magischen Apfel mit Heilkräften hat, aus dem ein Baum wächst, der das Holz zu einem Garderobenschrank liefert, der fortan das Tor zu Narnia wird. Aslans Auftauchen wirkt hier wie eine (göttliche) Schöpfung einer Welt. Dieses (von Lewis nachträglich) geschriebene Buch ist gleichzeitig Vorgeschichte für die eigentlichen Chroniken.
Die beginnen mit Band 2 »Der König von Narnia« (engl. »The Lion, the Witch and the Wardrobe«), wo die Kinder mit der Nähe von Aslan Gefühle erleben, wie wenn man im Traum etwas Wichtiges erlebt. Der Leser lernt, dass die Hexe Jadis von Lilith, der ersten Frau Adams (!) abstammt, Jadis ist aber eine Dämonin. Aslan opfert sich wieder und wieder im Kampf gegen sie auf, Edmond macht seinen ursprünglichen Fehler wieder gut, die Kinder werden nach erfolgreichen Kämpfen zu vier gekrönten Häuptern – Kinderträume pur. Die Regentschaft der vier verrät Reflexe zur Realität: »Sie hielten die Geschäftemacher im Zaum und unterstützten die guten Leute, die nach ihrem eigenen Geschmack leben und auch andere leben lassen wollten.« – schönes Motto!
Der 3. Band, »Der Ritt nach Narnia« (engl. »The horse and his boy«), bewegt sich außerhalb der gewohnten Entourage, er erzählt eine einfache, aber schöne Geschichte. Die des verschleppten Königssohns Shasta bzw. Corin, der mit der Hilfe von 2 sprechenden Pferden aus Narnia in deren Land, sein Traumland kommen kann. Dies gemeinsam mit der widerborstigen Prinzessin Aravis, die nicht das ihr zugedachte Adelsschicksal leben möchte und die gemeinsam zwei Königreiche vor Überfällen des Bösen retten. Was am Ende zu Aslan und den vier Kinderkönigen aus Band 2 führt.
Der vierte Band, »Prinz Kaspian von Narnia« (engl. »Prince Caspian«) spielt im Kreis der gewohnten Personen, das letzte Mal. Denn Peter und Suse müssen das Kinderreich Narnia, das nur der kindlichen Fantasie zugänglich ist, verlassen, sie sind herausgewachsen. Neu hinzu kommt Prinz Kaspian, inzwischen König von Narnia, denn die Zeit vergeht dort viel schneller als im Menschenreich und zwischen den Aufenthalten der Kinder in Narnia vergehen dort Jahrhunderte. Ein Spiel mit Zeit, Realitäten und Zauberei, ein einfach schönes Buch.
Als einen der beeindruckendsten Bände empfand ich Nr. 5, »Die Reise mit der Morgenröte« (engl. »The Voyage of the Dawn Treader«) und das nicht nur wegen der gelungenen Verfilmung. Schon die Einführung eines neuen Charakters, des Cousins Eustachius Knilch, (Nomen est omen), trägt viel zum Lesevergnügen bei. Mit Prinz Kaspian, dem äußerst übelgelaunten Eustachius (einem typischen Spielverderber) und dem Schiff »Morgenröte« werden herrliche Abenteuer erlebt (erstmals ohne Peter und Susan): Piraten, einsame Inseln, Drachen, eine dumme Seeschlange, Sklavenhandel und das völlig ungewisse Ende der Reise. Dazu so schöne Gestalten wie der ehrsame Lord Barn, der widerliche anmaßende Gouverneur (»seine Hinlänglichkeit«), der nur zu gut an historische Vorbilder aus britischer Kolonialzeit erinnert.
Eustachius, der aufgrund seiner Gemeinheit und seiner Gier in einen sehr einsamen Drachen verwandelt wird und dem erst Aslans Güte zu seiner Menschen – und menschlichen Gestalt zurückführt – hervoragend. Dann die lange Reise auf der Suche nach den verwunschenen Lords, wobei jede aufgesuchte Insel anders ist: Die Goldwasserinsel, die dunkle Insel, die Insel der Stimmen, die Insel der Steine. Das alles und die Begegnung mit dem Zauberer und seinem magischen Buch machen es für mich zum schönsten Narnia Band.
Im sechsten Band, »Der silberne Sessel« (Original: The Silver Chair) führt Lewis mit Jill eine spannende neue Hauptfigur ein, die gemeinsam mit Eustachius vor dem Mobbing ihrer Mitschüler ins Fantasieland Narnia flieht. Hier zeigt sich – mit den herrlichen Figuren des Moorwacklers und des Trauerpfützlers (s. Titelbild) – vielleicht am Deutlichsten, dass der Autor sowohl »Alice«, als auch den »Zauberer von Oz« kannte. Und äußerst gewinnbringend verarbeitet hat. Eustachius, Jill, Moorwackler und Trauerpfützler retten gemeinam Kaspians Sohn, Prinz Rilian, aus der Unterwelt der grünen Hexe – märchenhaft schön!
Im siebenten und letzten Band, »Der letzte Kampf« (Original: »The last battle«) will die neue Hauptfigur, ein sprechender Affe, zusammen mit dem König von Kalormen und mit Hilfe des als Aslan verkleideten Esels nunmehr Narnia in ein halbwegs zivilisiertes Land verwandeln. Wo es dann alles gibt, was eigentlich kein Narniane braucht – eine wunderschöne Anspielung auf unser heutiges Leben und die Politiker. Dabei nutzt Lewis eine Karikatur des Orwellschen Neusprech: Laut dem Affen bedeutet wahre Freiheit, das zu tun, was ich Euch befehle!
Susan zählt nun nicht mehr zu den Königen von Narnia, weil sie es inzwischen für einen Kindertraum hält; ohne den Glauben an die Fantasie gibt es aber kein Narnia mehr.
Schließlich kommt so etwas wie eine Wiedergeburt von Narnia, die in das eigentliche, das »innere Narnia« führt. So wie die Kinder, die in der »realen Welt« bei einem Bahnunglück ums Leben kommen, nun aber im »inneren England« leben und damit für immer in Narnia.
Schöner hat selten ein Autor ausgedrückt, wie wichtig die Fantasie für Menschen und ihr »inneres Leben« sind. Für Leser von 9-99 Jahren: