Theodor Fontane
» Jenseits des Tweed
Autor: | Theodor Fontane (Deutschland, 1860) |
Titel: | Jenseits des Tweed – Bilder und Briefe aus Schottland |
Ausgabe: | AufbauVerlag, 2016, 1. Auflage, Herausgegeben von Maren Ermisch in Zusammenarbeit mit der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen |
Erstanden: | Ein Weihnachtgeschenk |
Das ist der 2. Band der äußerst sorgfältig editierten »Großen Brandenburger Ausgabe« des reiseliterarischen Werks Fontanes. Es ist aus der nur zweiwöchigen Reise des Autors nach Schottland im August 1858 zusammen mit dem emsländischen Freund und Militärkameraden Bernhard von Lepels entstanden. Nach langen Jahren der »Vorarbeit«, so schreibt Fontane in einem Brief: »Es hat Zeiten gegeben, da sei er mit Maria Stuart zu Bett gegangen und mit Archibald Douglas aufgestanden.«
Ein »Scotland-maniac« also und einer dessen Reiseberichte genauso mit »Auf den Spuren Sir Walter Scotts« überschrieben werden könnte. Denn der größte Teil des direkt erzählten Rapports rankt sich um literarische Erzählungen des großen schottischen Romanciers, den Fontane auch als den Schöpfer Schottlands bezeichnet. Doppelten Genuss hat also der, der Scotts »Minstrels of the Scottish Border«, »Marmion«, »The Lady of the Lake« (am Loch Kathrin) und »The Fair Maid of Perth« kennt – die anderen haben dafür die Anregung, wo es literarisch weitergeht. Es werden Gedichte des »Nationalpoeten« Robert Burns in den Text eingeflochten, wie z.B. »What can a young lassie do wi’an auld man« – in sehr freier Übersetzung von Fontane. Gleichzeitig liefert er manche Aufklärung zu Persönlichkeiten, (Kriegs-)Schauplätzen, Schlachten, Königen und selbst zur geradezu sagenumwobenen »Lochaber Ax«, einer beliebten Waffe der Highlanders.
Die Reisen streifen Berühmt- und Schönheiten wie Edinburgh Castle, Holyrod Castle, ein Abend in der High Street mit dem Licht von Edinburgh, Linlithgow Palace, Floddenfield, James IV, Stirling Castle, Scotts Residenz Abottsford mit der Eingangstür von »The Old Tolbooth«. Oder von Perth bis Inverness über die Grampians, Schauplätze von Shakespeare »Macbeth« wie Scone Palace, der Pass von Killiecrankie, der Tod von Claverhouse, einer unsterblichen schottischen Legende, so sagenhaft verarbeitet in Scotts »Old mortality«. Warum oat bread für Schottland typisch ist, dann Inverness mit dem Caledonian Channel, der Ost und Westküste verbindet; Archibald »Bell-the-cat«, die Legende eines der großen Douglas’. Diese Reihe könnte über Seiten fortgesetzt werden, so inhaltsreich ist dieser Fontane. Er hat eine wahrhaft literarische und historische Reiseliteratur geschaffen, ohne die man eigentlich weder nach Schottland reisen dürfte, noch ein Buch von Sir Walter aufschlagen.
Umfangreiche Anmerkungen, schottische Geschichtstabelle, ein langer Nachspann zur Entstehung des Werks, seiner Produktion, der Verlegung und den zeitgenössischen Rezensionen gehörigen ebenso zu dieser herrlichen Edition wie erstklassige Verzeichnisse historischer Persönlichkeiten, ein geografisches Register sowie Literaturhinweise. Bei mir wird das Buch einen Ehrenplatz in der Reihe der Romane Sir Walter Scotts und Robert Louis Stevenson bekommen.
Ein schönes Werk, nicht nur für Fontane- und Schottland Fans
2017 rezensiert, Aufbau Verlag, Schottland, Sir Walter Scott, Theodor Fontane