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Louise Aston
» Aus dem Leben einer Frau

Autorin:Louise Aston
Titel:Aus dem Leben einer Frau (1847)
Aus­gabe:mus­ai­cum­books 2019
Erstan­den:anti­qua­risch

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Louise Aston (1814 – 1871) ist viel­leicht den Frauen bekannt, die in den 70er Jah­ren in der Frau­en­be­we­gung aktiv waren und his­to­risch betrach­tet nach ihrer eige­nen Geschichte such­ten. Louise Aston gilt als eine groß­ar­tige Kämp­fe­rin, »der es immer um die Frei­heit ging – im ero­ti­schen ebenso wie im poli­ti­schen Sinn. … Ihr ist der ganze bigotte See­len­krampf nur noch zuwi­der. Hier spricht die Anar­chis­tin, die Louise auch war.« Quelle

Immer wie­der erregte sie Auf­se­hen durch ihre Lebens­weise oder ihr Auf­tre­ten in der Öffent­lich­keit, wenn sie in Hosen mit den Män­nern durch die Knei­pen und Debat­tier­clubs zog und öffent­lich rauchte. Sie selbst betonte immer wie­der, dass George Sand ihr Vor­bild sei. Sie war eine poli­ti­sche Kämp­fe­rin, enga­gierte sich in der Revo­lu­tion 1848, aber nur die for­male Gleich­heit reichte ihr nicht. So betont sie in ihrem Roman ›Aus dem Leben einer Frau‹: »Doch all­mäh­lich beginnt auch in den Mas­sen das Bewusst­sein der ewi­gen Men­schen­rechte, wie sie die fran­zö­si­sche Revo­lu­tion pro­kla­miert.« (S. 39). In Ber­lin lebend, fan­den ihre Spa­zier­gänge unter den Bli­cken der Poli­zei statt, denn sie ver­trat ihre Ansich­ten öffent­lich. Die preu­ßi­sche Poli­zei ging davon aus, dass Louise Aston einen Club eman­zi­pier­ter Frauen gegrün­det habe und das wurde nicht gerne gese­hen. Sie erhielt also die Auf­for­de­rung, Ber­lin bin­nen acht Tagen zu ver­las­sen, weil ihre Ideen gefähr­lich für die öffent­li­che Ord­nung seien.

In ihrem Roman ›Aus dem Leben einer Frau‹ ver­tritt sie das Recht der Frauen auf die freie Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit und die Gleich­be­rech­ti­gung. Dafür wurde sie von männ­li­cher Seite scharf kri­ti­siert und vor­ver­ur­teilt. Ihr Roman ist bio­gra­fisch zu sehen, denn auch Louise Aston wurde wie die Prot­ago­nis­tin in ihrem Roman mit 17 Jah­ren zu einer Ehe mit einem 23 Jahre älte­ren eng­li­schen Fabri­kan­ten gezwun­gen. Damals und auch heute würde man die­sen Roman eher als ›Tri­vi­al­li­te­ra­tur‹ ein­ord­nen, aber die Autorin hat die­sen Stil ganz bewusst gewählt, weil sie die Men­schen und vor allem Frauen errei­chen wollte, die weni­ger gebil­det waren, um deren poli­ti­sches Bewusst­sein zu schär­fen. So ste­hen fünf Per­so­nen im Vor­der­grund. Der Vater ist der Patri­arch, der seine Toch­ter gegen ihren Wil­len ver­hei­ra­ten will. »Heute wirst du die Gat­tin des Herrn Oburn. Ich habe mein Wort gege­ben, ich halte mein Wort.« (S. 12). Reak­tion sei­ner Toch­ter: »Aus sei­nen Zügen spricht ein Geist, der mir ewig fremd blei­ben wird, den ich nicht ver­stehe, nicht ver­ste­hen will. Der mir wie eine feind­li­che Macht gegen­über­tritt und mein Gefühl empört.« (S. 12). Johanna wird ihn aber den­noch heiraten.

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Louise Aston nach Johann Bap­tist Rei­ter | Quelle

Die­ser spä­tere Ehe­mann hat das Ziel viel Geld zu besit­zen und luxu­riös zu leben. Die dritte männ­li­che Per­son, der Prinz, den Johanna wäh­rend eines Kur­auf­ent­halts ken­nen lernt, glaubt Johanna vor ihrem Ehe­mann ret­ten zu müs­sen, denkt aber nur an sich selbst. Er ver­sucht sogar sie zu ver­ge­wal­ti­gen, dringt in ihr Schlaf­ge­mach ein mit den Wor­ten: »Weib, du mußt mir gehö­ren!« (S. 39). Johanna kann sich jedoch ret­ten. Edu­ard von Stein, der Rivale des Prin­zen, scheint ein Mann zu sein, der etwas sen­si­bler reagiert. So berich­tet die Erzäh­le­rin: »Diese Erschei­nung (Johanna) übte eine Macht über ihn aus, der er sich nicht mehr ent­zie­hen konnte. Gerade die lie­bens­wür­dige Kind­lich­keit ver­ei­nigt mit einem tief­sin­ni­gen Zug … muß­ten einen Mann fes­seln.« (S. 28). Diese Ein­stel­lung ändert aber nichts an der Tat­sa­che, dass alle drei Män­ner mit Johanna so umge­hen, wie sie es wol­len, ohne Johanna zu fra­gen, was sie eigent­lich will. Das lässt sie aber nicht immer wil­len­los mit sich gesche­hen. Inter­es­sant an die­sen Män­ner­fi­gu­ren ist, dass sie sich nicht ent­wi­ckeln, son­dern nur ein Ziel, auch das sexu­elle mit Besitz­an­spruch, vor Augen haben: Johanna.

Ihr Ehe­mann droht in einen finan­zi­el­len Ruin zu gera­ten, der Prinz, der Johanna besit­zen möchte, bie­tet finan­zi­elle Hilfe an, aber unter einer Vor­aus­set­zung: eine Nacht mit Johanna. Hier die (unglaub­li­chen) Gedan­ken ihres Ehe­manns: »Wie klein schien ihm dage­gen das Opfer, das seine Frau brin­gen sollte, ein kur­zes Lie­bes­glück an einen Frem­den ver­schwen­det, eine selige Nacht.« (S. 44). Johan­nas Reak­tion ist ein­deu­tig, sie ver­lässt ihren Ehe­mann, denn »sie fühlte sich durch die Zumu­tung ihres Gat­ten ent­ehrt, in dem inners­ten Kern ihres Wesens ver­letzt.« (S. 44).

Von der männ­li­chen Lite­ra­tur­kri­tik wurde das Werk nicht ernst genom­men, son­dern Louse Aston wurde ver­spot­tet, dass ihre Prot­ago­nis­tin nur an sich sel­ber den­ken würde. Ebenso woll­ten die männ­li­chen Kri­ti­ker eine mög­lich Nach­ah­mung des Ver­hal­tens der Prot­ago­nis­tin ver­hin­dern. Folge des­sen war auch, dass Louise Astons Werk kaum in einen lite­ra­ri­schen Kanon auf­ge­nom­men wurde und damit droht, ver­ges­sen zu werden.

Lesens­wert, um die His­to­rie der Frau­en­be­we­gung ken­nen zu lernen!

Unterschrift
Mar­gret Hövermann-Mittelhaus

2023 rezensiert, Frauenbewegung, Louise Aston, musaicumbooks 2019, Revolution 1848