Katja Kipping
» Wer flüchtet schon freiwillig
Autor: | Katja Kipping (Deutschland, 2015) |
Titel: | Wer flüchtet schon freiwillig |
Ausgabe: | Westend, 2015 |
Erstanden: | Pankebuch Berlin |
Ein Sachbuch von der Co-Vorsitzenden der Linkspartei, aber was für eins! Nicht nur spannender als viele Romane, sondern ansprechend gut lesbar und voller Fakten. Die das tägliche Main-
stream-Geplapper der meisten Medien als im Grunde »Fake-News« darstellen.
»Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört« sagt einer, und K. Kipping läßt Fakten folgen:
- Wie die Kosten der Lizenzen an Monsanto Kleinbauern der 3. Welt kaputt machen.
- Die Billigprodukte + EU Agrarsubventionen zerstören lokale Märkte Afrikas. »Die Freihandelsverträge sind Europas Massenvernichtungswaffen!«
- Wie die EU in Landgrabbing (Bodenspekulation) investiert.
- Und die Rohstoffausbeutung Leben zerstört.
- Die UNCHR Flüchtlingscamps bräuchten 1,8 Mrd Euro – 25 Mio sind bisher zugesagt.
Klare Ansage: »Wer Krim sagt, muß auch Serbien, Irak und Libyen sagen. Oder mit Hermes Krediten abgesicherten Waffenexporte, auch in Krisengebiete nennen. – Dass Flüchtlingen, denen der Kontakt zur Familie oft das einzige ist, was ihnen von ihrem Leben bleibt, nun ausgerechnet noch das Smartphone geneidet wird.
Dann die Tatsache, dass der Klimawandel vor allem die Ärmsten trifft, die der 3. Welt – die werden dann als »Wirtschaftsflüchtlinge« bezeichnet; Orwellscher Neusprech vom »Feinsten«.
Hierzulande machen Flüchtlinge 2% der Bevökerung aus, in Libyen 23% – und wir können keine mehr aufnehmen? – Mit der fortlaufenden Verschärfung des Asylrechts wurde ein großer Teil der Forderungen von AfD und Pegida erfüllt, womit man dort beruhigt wieder CDU/CSU wählen kann. Und sich freut, dass seit 2000 rund 13 Mrd. Euro für die europäische »Grenzsicherung« ausgegeben wurde – ein Vielfaches des Mauerbaus – füge ich hinzu. Warum werden eigentlich die übelsten Auswüchse bei Pegida-Demos toleriert?
Hochinteressant der Vorschlag – analog zur Bankenkrise – finanzielle und soziale Garantien gegen das Entstehen von Rassismus zu geben. Wer Angst um seinen sozialen Besitzstand haben muss, kann sich leicht vor Zuwanderung fürchten und sie – statt ihrer Ursachen – bekämpfen. – Kipping hebt aber auch die großartige Willkommenskultur und den Aufbau ehrenamtlicher Strukturen hervor. Dass der Gemeinschaftssinn die Hoffnung für eine andere, eine postkapitalistische Zukunft sein kann. Ein sehr gutes Quellen- und Linkverzeichnis schließen ein eminent wichtiges und notwendiges Buch ab. An dem der einzige Kritikpunkt der mitunter zu polemische, floskelhaft wirkende Ton ist.
Man muss vielleicht die Bibel zitieren wie die Autorin (S.117) um das Maß der täglichen Heuchelei des sich christlich nennenden Westens zu markieren: »Wahrlich ich sage euch: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Matthäusevangelium 25,40).
Lesen!
2016 rezensiert, Die Linke, EU, Flüchtlinge, Freihandelsverträge, Katja Kipping, Mainstream, Westend Verlag