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Iris Wolff
» Die Unschärfe der Welt

Autorin:Iris Wolff
Titel:Die Unschärfe der Welt
Aus­gabe:Klett-Cotta, Stutt­gart 2020
Erstan­den:anti­qua­risch, gele­sen im Lite­ra­tur­kreis der Fürst Donnersmarck-Stiftung
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Col­lage aus Buch­co­ver und Autoren­foto Iris Wolff­Foto: © Annette Hau­schild | Ost­kreuz | Quelle

»Die Unschärfe der Welt«, so lau­tet der Titel des Romans von Iris Wolff, von vie­len in vie­len Feuil­le­tons vie­ler Zei­tun­gen hoch gelobt! Immer wie­der wird die ori­gi­nelle Erzähl­weise gerühmt, dass sich alles Tra­gi­sche, aber auch Posi­tive so leicht liest, eben ein ganz leich­tes schwe­ben­des Erzäh­len. Aber bevor ich zu mei­ner Kri­tik komme, kurz Inhalt­li­ches zum Roman. Es wer­den die Lebens­wege von 7 Per­so­nen erzählt, die mehr oder weni­ger alle etwas mit­ein­an­der zu tun haben, sich lie­ben, aber auch has­sen. Im Hin­ter­grund steht der zusam­men­bre­chende Osten der 90er Jahre – vor allem Rumänien.

Als Thema steht die »Unschärfe der Welt« im Vor­der­grund und genauso emp­finde ich auch die Spra­che, näm­lich als unscharf. Weil alles poe­tisch ver­kleis­tert wird, ob es sich jetzt um etwas Tra­gi­sches han­delt, wenn der Junge im Fluss ertrinkt und zuhause auf­ge­bahrt wird, oder die Som­mer­abende poe­tisch insze­niert am Leser und der Lese­rin vor­bei­zie­hen. Soll ich da mit den Schul­tern zucken, haupt­säch­lich die Spra­che ist poetisch?

Die­ses über­trägt sich auch auf die Figu­ren, die keine Brü­che zei­gen und dadurch unscharf wir­ken. Irgend­wie wir­ken fast alle Figu­ren ver­schwie­gen und sind dadurch auch kaum zu unter­schei­den. In jedem Kapi­tel wech­selt die Erzähl­fi­gur, was sehr reiz­voll sein kann, aber hier irri­tiert es eher, weil man erst einige Sei­ten lesen muss, um sich zu ori­en­tie­ren, wo die Figur sich gerade befin­det, sowohl zeit­lich als auch räum­lich. Zwei Aus­nah­men gibt es, die Groß­mutter und der Spit­zel der Secu­ri­tate Kon­stanty. Diese Figu­ren sind ein­deu­tig gezeich­net, alle ande­ren »schwe­ben«, um im Bild zu blei­ben, oder wer­den mit einer poe­ti­schen Spra­che so zusam­men geklebt, dass sie ver­schwim­men. Kon­kret gesagt: es wird nicht prä­zise for­mu­liert, was dazu führt, dass Dinge drei­mal beschrie­ben wer­den und damit wird die Spra­che red­un­dant und nicht poe­tisch! Die Spra­che steht im Vor­der­grund und lässt Hand­lung und Figu­ren hin­ter sich.

Manch­mal liegt die Erzäh­le­rin mit ihrer Spra­che auch völ­lig dane­ben. »Wie weit ent­fernt alles war.

Oder war sie ent­fernt von allem?« (S. 90). Red­un­dant oder poetisch?

Und rich­tig schlecht emp­finde ich die For­mu­lie­rung: » … ihr Herz fiel aus dem Brust­korb und schlug jetzt dort.« (S. 109).

Wei­ter­hin emp­finde ich einige sprach­li­che For­mu­lie­run­gen auch äußerst kit­schig. Ich defi­niere Kitsch als über­trie­ben rühr­se­lig, nied­lich oder anbie­dernd, es ent­steht keine eigene Ori­gi­na­li­tät, Aus­drucks­for­men wer­den ein­fach repro­du­ziert. »Er strich über die Zehen, die glatte Haut der Ferse, die Waden, die etwas von der Zeit bewahrt hat­ten, da Samuel ein Säug­ling gewe­sen war. Etwas blieb immer erhal­ten, erlaubte einen lang­sa­men Abschied. Die Weich­heit, die Glätte, das Zart­glied­rige, Flo­ren­tine nahm wahr, dass Bene diese Emp­fin­dun­gen nicht suchte, er nahm sie bei­läu­fig auf, wäh­rend er vor­las.« (S. 25).

Oder inhalt­li­cher Kitsch »Gelie­hene Bücher zu lesen war wie Sex mit ange­las­se­nen Kla­mot­ten.« (S. 154).

Alle Figu­ren sind wort­karg oder schwei­gen, vor allem Flo­ren­tine ist miss­trau­isch der Spra­che gegen­über. »Flo­ren­tine spürte Wor­ten gegen­über ein nie ganz auf­zu­lö­sen­des Unbe­ha­gen. Die Unschärfe der Aus­sa­gen ver­un­si­cherte sie. Wie sehr sie sich auch bemühte: Spre­chen reichte nicht an die Wirk­lich­keit der Erfah­rung heran.« (S. 22).

Was ist die Aus­sage des Romans?

Weni­ger lesenswert!

Unterschrift
Mar­gret Hövermann-Mittelhaus

2024 rezensiert, Heimat, Iris Wolff, Klett-Cotta Verlag, Rumänien