E.T.A. Hoffmann
» Das Fräulein von Scuderi
Autor: | E.T.A Hofmann (1818) |
Titel: | Das Fräulein von Scuderi |
Ausgabe: | E.T.A. Hoffmann, Märchen und Erzählungen, Aufbau-Verlag Berlin & Weimar, DDR, 1984 |
Erstanden: | Gelesen mit dem Literaturkreis Hopsten |
Die genial-romantisch erzählte Geschichte des mörderisch-besessenen Goldschmidts Cardillac, seiner Tochter und ihres Geliebten Olivier. Hoffmanns verschnörkelte, auschweifende Sprache sorgt mitsamt der Liebesgeschichte für den romantischen Teil der eigentlichen Kriminalstory.
Raffiniert fängt er jedoch mit Giftmorden, den Giftmischern und der Inquisition der Chambre ardente und ihrem gestrengen Leiter Regnier an, womit die düstere Stimmung als Hintergrund für die eigentliche Geschichte geschaffen ist, und so von Anfang an für Spannung gesorgt wird.
Erst dann beginnt die Geschichte des Cardillac, des Meister-Juweliers, der so billig ist, sich aber geradezu krankhaft nicht von seinen Werken trennen kann. Der wie besessen an jedem Auftrag arbeitet, aber so manchen Auftrag lieber verweigern würde. Gleichzeitig passieren im nächtlichen Paris laufend schreckliche Morde, – und mit dem geheimnisvollen Verschwinden des nächtlichen Mörders, kommt das scheinbar Übernatürliche ins Spiel.
Raffiniert, wie der Plot durch das junge Liebespaar, Olivier, Gehilfe von Cardillac und Madelon, seine Tochter, erweitert wird. Dabei immer diese Atmosphäre des Dunklen, des Bedrohlichen, die da permanent entsteht. Dann die falschen Verdächtigungen nach dem Tode Cardillacs, schwer und scheinbar unwiderlegbar, alle Elemente eines guten Krimis. Erst durch das edle Fräulein von Scuderi, das sich zur Hilfe entschließt (mit Hilfe der Gattin des Königs) kommt Rettung in äußerster Not; also die Frauen als eigentliche Helden, bemerkenswert.
Ich mag diese gruselige Romantik, die so packend geschildert ist, das man nicht mehr aufhören mag, zu lesen. Und wie raffiniert ist die Idee, das der geniale Juwelier seinerseits durch ein »pränatales« Erlebnis geprägt ist, psychologisch äußerst geschickt von Hoffmann und und das über 100 Jahre vor S. Freud.! Ich kann nur sagen: Wow!!! Was für eine Geschichte!
E.T.A. Hoffmann gehört für mich zu den klassischen deutschen Autoren, die man unbedingt gelesen haben sollte.
Ich habe die Geschichte übrigens zuerst in der Edgar-Reitz-Verfilmung mit dem genialen Hans Christian Blech kennen gelernt – seinerzeit sogar im ZDF. Das war damals (1968), als es im Fernsehen tatsächlich noch Sehenswertes gab, also lange bevor diese Einrichtung sich kollektiv auf das Verblödungsniveau der privaten Programme begeben hat. Und auf die ich heute komplett verzichte, und so kann ich umso mehr lesen.