Henning Mankell
» Die italienischen Schuhe
» Die schwedischen Gummistiefel
Autor: | Henning Mankell (Schweden, 2007/2015) |
Titel: | Die italienischen Schuhe / Die schwedischen Gummistiefel |
Ausgabe: | Zsolnay 2007/2015 |
Erstanden: | Buchhandlung Volk, Recke |
Als ich in der schönen Buchhandlung Volk in Recke (eine meiner Lieblingsbuchhandlungen) auf »Die schwedischen Gummistiefel« des von mir sehr geschätzen Schweden Henning Mankell stieß, war klar »muss ich haben«. Zumal der Autor tragischerweise schon in 2015 verstorben ist und mit »Treibsand« eine weitere hochinteressante literarische Hinterlassenschaft existiert. Die »Gummistiefel« kann man aber nur recht im Zusammenhang mit dem Vorläufer, also den »Italienischen Schuhen« richtig verstehen. Vorweg genommen: Dies ist auch der stärkere Band von beiden.
Er beginnt damit, das dem nach einem Kunstfehler auf eine einsame schwedische Insel geflüchteten Chirurg Fredrik unerwartet seine todkranke einstige Geliebte begegnet und ihm auch gleich – in Form einer 37-jährigen, bisher unbekannten Tochter – eine zweite große Überraschung präsentiert. Womit Fredrik nolens volens wieder mitten ins Leben tritt. Für mich ein Buch, in dem in der stillen Weite Nordschwedens über das Leben und seine verpassten Gelegenheiten nachgedacht wird. Und das auf eine zauberhafte, eine berührende und nachdenkliche Art, mit der Mankell seine Erzählkunst zeigt. Dem, als Fredrik das Opfer seines Fehlers endlich aufsucht (das ein Heim für gestrandete Mädchen betreibt), dieser bemerkenswerte Satz gelingt: »Wir tun unseren Kindern so weh, dass sie schließlich keine andere Ausdrucksmöglichkeit mehr haben, als Gewalt«. – Wunderschön wie die Entschleunigung des Lebens möglich ist: Der italienische Schuhmacher, der pro Jahr nur 2 Paar Schuhe baut; und Fredriks Geliebte, die nach seiner Rückkehr ins Leben in Frieden sterben kann – mit den Geräuschen vom Meer, nicht von Autos. Es ist diese stille Form von Gesellschaftskritik verbunden mit tief-menschlichen Geschichten und der schwedischen Natur, die ich an Mankell so schätze.
In den »Gummistiefeln« lebt Fredrik schon gutteils außerhalb seiner Schäre, zeigt viele Rückblicke eines alternden Menschen auf seine Lebensstationen, die mitunter verzweifelte Geilheit des Alten (»Du bist nicht der Erste, der vor meiner Tür winselt«). Dies verbunden mit Elementen eines Krimis, der Schönheit des nordschwedischen Schärenwinters und Klugheiten wie »Wir lernen nicht, wie man stirbt« machen auch diesen Band lesbar. Der aber unter zu vielen Nebenschauplätzen, unfertigen Teilgeschichten und letztlich einer nicht ganz geglückten Wiederaufnahme des Themas leidet.
Also: Sehr lesenswert (Bd. 1) bis lesenswert!
2016 rezensiert, Henning Mankell, Lebensstationen, Schweden, Schären, Zsolnay