David Boucher
» Dylan and Cohen, Poets of Rock and Roll
Autor: | David Boucher (USA 2004) |
Titel: | Dylan and Cohe, Poets of Rock and Roll |
Ausgabe:Continuum | Continuum 2004 |
Erstanden: | Antique buy at the Cheltenham Literature Festival, 2016 |
Update: Dieser Beitrag wurde kurze Zeit nach dem Cheltenham Literature Festival geschrieben.
Und nach der direkt vom Festival inspirierten Lektüre »Woody Guthrie« schloss sich der Kreis mit dem zufällig wenige Tage vor der Verleihung des Nobelpreis antiquarisch erworbenen Buchs über die so unterschiedlichen Rockpoeten Bob Dylan und Leonard Cohen. Dylan der ewige US-amerikanische Querkopf und Cohen der depressive kanadische Dichter und »Auch-Sänger« Cohen. Die unterschiedlicher kaum sein können, der eine voll in der Tradition des US-Folks und ohne Woody Guthrie undenkbare Dylan, die ersten 3 Jahre sang er fast nur Guthrie-Lieder; er schrieb sogar ein Gedicht für ihn. Der andere, von Garica Lorquez beeinflusste, etablierte Poet (»Flowers for Hitler«), immer wieder schwer depressive, der rechtzeitig zu Beginn der sechziger entdeckte, dass in Musik verpackte Poesie massenmarkttauglich ist. Und der sich politisch sehr widersprüchlich verhielt und zwischen Christen- und Judentum ewig schwankte.
Dabei ist beider großer Verdienst populäre Singer/Songwriter zu sein, die literarische Poesie statt flacher Schlager weltweit bekannt machten. Wobei Cohens Lieder – im Gegensatz zu Dylan – oft sexgeladen waren.
Boucher, Fellow an der Universität von Cardiff, macht es dem Leser nicht immer leicht, mit seiner Materialfülle, Quellenmengen und schwer nachvollziehbaren Exkursionen in philosophische und literaturwissenschaftliche Höhen. Aber dieses Buch ist so lehrreich und größtenteils spannend, dass drei Seiten Rezensionen mühelos möglich wären. Nur ein paar der größten Highlights des Werks: Die Phasen der musikalischen und dichterischen Entwicklung beider Rockpoeten, auf dem Hintergrund zeitgeschichtlicher Entwicklungen. Vorstellung und Interpretationen von Werken der Rockgeschichte (Times-they-are-a-changin/Suzanne), wie Musik und Text beider nicht zu trennen sind. Wie Dylan als Barde in bester Tradition gilt, wie Mr. Tambourineman entstand. Was der Motorradunfall bei Dylan veränderte und der ewige Streit um Dylans »elektrische Musik«. Wie der Widerspruch Beat vs. Folk aufgelöst wird, der Einfluss Greenwich Village und Alain Ginsburgh, das Ende der Baez-Dylan Tour.
Es gibt eine sehr gute Einordnung von Alben und Titeln beider Rockpoeten und immer wieder interessante Vergleiche. Cohen, 10 Jahre älter als Dylan und unter anderer Musik (Ray Charles!) aufgewachsen. Die hochinteressante Einordnung des Polit-Folks in die Nach-McCarthy-Ära, Dylans tiefe Wurzeln in der Country & Western Musik und im Blues. Dazu Faksimiles alter Konzertankündigungen, Liedinterpretationen, historische Einordnungen. Ohne Dylans Fusion von Poesie und Lied ist die moderne Popmusik nicht zu denken, wäre Sergeant Pepper nicht entstanden. Das alles ist hochinteressant, sehr lehrreich, informativ und nur manchmal weit hergeholt. Alles in allem:
Sehr lesenswert
2016 rezensiert, Bob Dylan, David Boucher, Leonard Cohen, Rock and Roll