Knut Hamsun
» Hunger
Autor: | Knut Hamsun (Norwegen, 1890) | |
Titel: | Hunger | |
Ausgabe: | Albert Langen München, 1921 | |
Übersetzung: | Julius Sandmeier | |
Erstanden: | Antiquarisch im Landbuchhandel Kross in Bippen | |
Gelesen im: | Literaturclub Hopsten |
Es müsste das dritte Mal sein, dass ich »Hunger« von Hamsun gelesen habe und am Ende meiner Notizen steht: Eine Erzählung wie ein Schrei!
Der Titelheld hat einfach Hunger, Hunger nach allem, nach Essen, nach Menschen, nach Erfolg und Anerkennung, nach Liebe, nach Gesellschaft, nach Geld, nach Aufmerksamkeit.
Selten werden (Hunger-)Gefühle so intensiv geschildert, wie von einem, der vor Verzweiflung auf Holzstücken kaut.
Ein Mensch einsam, überreizt, depressiv, der in seiner eigenen Traumwelt versinkt, und zum realen Leben großenteils unfähig erscheint.
Man weiß nicht, worüber man mehr erschrecken soll:
- Die Qualen des Schreibers, die authentisch erscheinen und buchstäblich existentiell sind.
- Die beständige Not des Menschen bis zur Obdachlosigkeit.
- Das Gefühl des beständigen Kraftverlusts.
- Des Eindrucks langsam irre zu werden.
- Dass dieser Mensch in vielem so selbstzerstörerisch ist.
Anrührend eigentlich die Begegnung mit der jungen Frau, die er mit einem Fantasienamen zum Teil seiner Scheinwelt macht und mit der er eine berührende erotische Begegnung hat. Schade, dass dies Episode bleibt, im Werk keine Fortsetzung findet, ebenso unglücklich wie der abrupte Schluss der Erzählung.
Als ich über den Ankauf der gesammelten Werke Hamsuns nachdachte, hatte ich meine norwegische Freundin Mari gefragt, ob es sich lohnen würde. Ihre Antwort: Du musst nicht alles lesen, aber einiges schon. Genauso war es dann und von ihr habe ich auch viel über die Verstrickung Hamsuns in die NS Zeit gelernt, was dazu führte, dass die Norweger, die einst anstanden, um ein Autogramm zu bekommen, ihm nun seine Bücher über den Zaun warfen. Kann man sich vorstellen, dass dieser Mann 1938 seine Nobelpreismedaille Joseph Göbbels schenkte?
Nach Lektüre der Werke begann ich zu ahnen, woher diese Nähe Hamsuns zur verheerenden Ideologie der Nazis kam, vieles ist schon in Arbeiten von ihm zu erkennen, die einer »Blut-und-Boden«-Mythologie nachhängen, noch unwissentlich Nazi-nahe, aber spürbar.
So ist es kein Wunder, dass Hamsun über sich selbst schrieb: »Ich gebe zu, dass ich ein lebender Widerspruch bin …«
Denn es gibt ja eben von ihm Werke wie »Hunger«, wie »Pan« und wie »Victoria«, großartige Literatur und auch nach knapp 100 Jahren unbedingt lesenswert. Dieses Buch nun ist packend, ergreifend, urwüchsig, beklemmend, es ist ein einziger Schrei von einer Erzählung,
Absolute Weltliteratur
2017 rezensiert, Albert Langen München, Knut Hamsun, Norwegen