
Eugen Ruge
» In Zeiten des abnehmenden Lichts
Autor: | Eugen Ruge (Deutschland, 2011) |
Titel: | In Zeiten des abnehmenden Lichts |
Ausgabe: | Lizenzausgabe Büchergilde Gutenberg 2011 (nach Rowohlt) |
Erstanden: | Büchergilde |
Vor drei Jahren schon einmal gelesen, musste ich es nach dem Genuss der genialen Verfilmung mit Bruno Ganz erneut zur Hand nehmen. Um fest zu stellen, es ist eine ungeheuer verdichtete Szenenfolge aus dem lethargischen Endstadium der DDR. Die ich aber auch als boshaft-karikaturöse Metapher ihres Untergangsstadiums erkennen möchte, nicht mit dem Hauch eines Versuchs ausgestattet, Verständnis zu erwecken. Verständnis für den ersten deutschen Staat, der beim Versuch, der Diktatur des Geldes zu entrinnen, in der Diktatur einer Veteranenpartei landete mit einer Art Kasernenhof-Kommunismus.
Neben dem völlig missglückten Endabschnitt des Mexiko-Ausflugs (sollte das eine Spurensuche der Großeltern werden? Es wurde die Schilderung eines Ausflugs »kleiner Ossi kommt in die große Welt«) vergibt der Autor weitestgehend die Chance, die Auseinandersetzung der Generationen widerzugeben, sie zu beleuchten, dem Leser nahezubringen. Von der Autorenbiografie verständlich, der diese Diskussion vielleicht nicht gefunden, nicht gesehen hat, ist es doch dem literarischen Werk ein Verlust, wenn man an Stücke von C. Hain, C. Wolf oder E. Neutsch denkt.
Auch ahistorische Fehler trüben das Bild: Welche Neubauten im (West-)Berliner Wedding (!) bitte, sollen Neidgefühle im Osten erweckt haben? Selbst das Uraltmärchen von den Gemeinsamkeiten von Nazis und KPD 1932 fehlt nicht.
Hübsch frauenfeindlich ist Ruge obendrein: Mählich’s Frau in Korts Trophäensammlung, die Anmache von Saschas Frau, Anitas Spitzname »die Möpse«- ohne jegliche erzählerische Distanz leider dem Autor zuzurechnen.
Auf der anderen Seite ist Ruge in der Geschichte einer mit der KPD Tradition und der (Ost-) Berliner SED Nomenklatura verhafteten Familie ein großartiges Sinnbild des Scheiterns eines ganzen deutschen Staates und der treibenden Partei, dem Scheitern einer Lebensidee, die zur Lebenslüge wurde, gelungen. In einer karikaturistischen Schärfe der Widergabe der Grausamkeiten, der verblödeten Erstarrung von Staat und Partei, die ihresgleichen sucht.
Und nahezu grausam und brutal geschildert, die Abstürze von Sascha und Markus in der (neuen) kapitalistischen Realität. Schade, dass Ruge hier nicht fortgesetzt hat,
Kein Zweifel, dem Autor ist ein wichtiges, gut geschriebenes, unterhaltsames Werk über Facetten des Untergangs eines mit 40 Jahren historisch kurzlebigen deutschen Staats gelungen. Dass es von Seiten des Mainstreams gefeiert wird, kaum zu vermeiden, ändert nichts an der Qualität dessen, was Ruge geschaffen hat. Trotz mancher Kritik, die ich zugegebenermaßen erst beim zweiten Durchlesen hatte: