Skip to main content
Angela-Carter-Blaubart

Angela Car­ter
» Blau­barts Zimmer

Autor:Angela Car­ter (Groß­bri­tan­nien, 1979)
Titel:Blau­barts Zimmer
Über­set­zung:Sybil Grä­fin Schönfeld
Aus­gabe:Rowohlt, 1982
Erstan­den:Von mei­ner Tochter

Angela-Carter-Blaubart

Was dabei her­aus­kommt, wenn eine ori­gi­nelle bri­ti­sche Autorin, die gleich­zei­tig Femi­nis­tin ist, klas­si­sche Mär­chen und Sagen gegen den Strich bürs­tet, kann man in die­sen 10 Geschich­ten (über­setzt von Sybil Grä­fin Schön­feld) bewundern!

Das fängt an mit der Titel­ge­schichte »Blau­barts Zim­mer«, eine Geschichte wie eine Étude von Debussy, ero­tisch, gru­se­lig, schreck­lich, las­ziv und – bestechend erzählt. Das herr­lich-moderne Mär­chen »Mis­ter Lyons Wer­bung«, sehe ich als kraft­voll und ero­ti­sche Stei­ge­rung der Mär­chen von O. Wilde (»» Link). Her­aus­ra­gend: Car­ter erzählt kon­se­quent aus der Frauen­per­spektive, sel­ten genug in der Literatur.

Dann die Geschichte vom rus­si­schen Adli­gen, der seine Toch­ter an einen super­rei­chen »Tiger­mann« ver­spielt. Diese Toch­ter, die sich in einer sur­rea­len Welt auf­op­fert bis zur eige­nen (tie­ri­schen) Ver­wand­lung, fan­ta­sie­voll herrlich.

Der »Gestie­felte Kater«, ein Klas­si­ker ero­tisch-trans­for­miert, köst­lich. Die Autorin spielt mit dem Reiz der Ver­wand­lung von Mensch in Tier und umge­kehrt. Auch in der Spra­che wird nicht mit Anspie­lun­gen gegeizt: »Dass er sich keine Freu­den gönnte, nicht ein­mal die des Onan.«

Im »Gestie­fel­ten Kater wird aus der Per­spek­tive des­sel­ben erzählt, ein typi­scher Kniff der Autorin. Der Kater, der sich über die umständ­li­chen Be- und Entkleidungs­rituale sei­ner Men­schen wun­dert: »Ich, der an die köst­li­che kät­zi­sche Blöße von mei­nes­glei­chen gewöhnt bin,..«; und dann noch tie­ri­schen und mensch­li­chen Sex mit­ein­an­der ver­gleicht. Ein Kater, der sei­nem Herrn ele­gant hilft, die junge Schöne aus den Klauen des alten Geiz­hal­ses zu befreien – man schmun­zelt eine ganze Geschichte lang. Und freut sich, dass in den Carter’schen Mär­chen­ver­sio­nen statt unschul­di­ger »Prin­zes­schen« viel­mehr der Ero­tik holde, hand­feste Frau­en­zim­mer leben.

Im »Erl­kö­nig« lesen wir eine span­nungs­voll knis­ternde »Natur pur«, ganz anders dann eine ero­tisch derbe Vari­ante des »Schnee­kin­des«. Und wie­der ver­schie­den das mor­bide Leben einer trans­syl­va­ni­schen Vam­pi­rin. Dabei exzes­siv schön geschil­dert die Span­nung vor dem Lie­bes­biss, atem­los und meis­ter­haft. Schließ­lich Wolfs­ge­schich­ten ein­mal anders, dras­tisch geschil­dert. Ganz beson­ders die »Wolfs-Alice«, die kleine Wer­wöl­fin, nied­lich, aber recht bis­sig; sehr unge­eig­net für die ver­lo­gen heu­cheln­den Wolfs­feinde in die­sem Land – aber die lesen ver­mut­lich nix.

Eine wirk­lich meis­ter­hafte Samm­lung von Erzäh­lun­gen, Wilde an ero­ti­scher Span­nung glatt über­tref­fend, span­nend und lust­voll und mit genüss­li­cher Frau­en­per­spek­tive erzählt. Viel­fach knis­ternde Ero­tik in lust­voll umge­dreh­ten Mär­chen- bzw. Sagen­klas­si­kern. Angela Car­ter, lei­der schon 1992 von uns gegan­gen, ist eine sehr unge­wöhn­li­che berei­chernde Autorin.

Fes­selnd, ero­tisch, ori­gi­nell, weib­lich – super!

2017 rezensiert, Angela Carter, Feminismus, Märchen, Rowohlt Verlag, Sagen