Helene Hanff
» Die Herzogin der Bloomsbury Street
Autor: | Helene Hanff (USA, 1973) |
Titel: | Die Herzogin der Bloomsbury Street |
Übersetzung: | Susanne Höbel |
Ausgabe: | Atlantik Hoffmann & Campe, 1. Auflage 2015 |
Erstanden: | Ein Weihnachtsgeschenk |
Das ist der Nachfolger des zauberhaften 84, Charing Cross Road (siehe https://mittelhaus.com/2016/10/31/helene-hanff-84-charing-cross-road/), dem liebenswerten Austausch der New Yorker Leseratte mit dem Londoner Antiquar, der jeden noch so spleenigen Buchwunsch per umständlich anmutendem Briefwechsel erfüllt. Damals schien es, als würde London für die Autorin ein ferner Traum bleiben, doch der überraschende Erfolg ihres Buches bringt sie doch zum Ziel.
Das ist nun schon ein typischer Folgeband, der nicht die Originalität und Stärke des ersten erreicht, der aber zugegebenermaßen schlicht nicht wiederholbar war. Hier werden (kulturelle) Unterschiede GB/USA gut beschrieben, das liest sich nett, meist unterhaltend, nicht immer spannend, aber ob ein nachhaltiger Eindruck bleibt?
Köstlich die »Kulturschocks« der Amerikanerin in London:
- Das englische Frühstück;
- Das einer langen Warteschlange der Schalter vor der Nase zugesperrt wird;
- Das allseits präsente Königshaus, bis zu den Eierstöcken Prinzessin Annes;
- Der Vergleich unterschiedlicher Begriffe und Wendungen: Was in den USA damals »in« hieß, nannte man in GB »trendy«, ein US »check« ist ein »cheque«, ein »newsstand« ein »kiosk«, die »Subway« ist eine »tube«, ein Bus ein »coach«. Treffend heißt es daher: wir sind »zwei Länder, die von einer gemeinsamen Sprache getrennt sind« (nach G.B. Shaw).
Britische Wasserhähne und Duschen findet sie (mit allem Recht) abschreckend, ebenso der Versuch eine Bank (eine »volksnahe Kobra«) zu finden, die sich ihrem (Klein-)Anliegen widmet. Nostalgische Erinnerung an und Trauer um das wirklich britische Geldsystem: 20 Shilling auf ein britisches Pfund, 12 Penny auf einen Shilling und vier Farthing auf einen Penny. Aber was waren jetzt nochmal Halfpenny, Crown und ein Sovereign?
Eine Richtigstellung: Nicht die Insel war (immer) in Nebel gehüllt, »der Kontinent war durch Nebel isoliert«. Viel verratende Grabinschriften: »Sie hatte viele Kinder, von denen nur eins das Unglück traf, sie zu überleben.« Die manchmal verquer wirkende britische Form des Anstands und der Höflichkeit, oder warum ein Ami eine britische Wegbeschreibung in London nicht verstehen kann. Wie St. Fragile und St. Expedite die beliebtesten Heiligen in New Orleans wurden – köstlich. Oder der Unterschied zwischen englischen und amerikanischen Autos – da kommen Sie nie drauf. Besonders kulturell treffend: »Shakespeare bewundern sie zwar, aber Dickens ist derjenige, den sie lieben«.
Das ganze ist eine sympathisch-amüsante Liebeserklärung an ein spleenig wirkendes Land mit Beobachtungsgabe und Wärme erzählt. Mitunter aber übertrieben märchenhaft, wenn die Autorin von einem wohlhabenden Briten zum anderen stolpert, der den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat, als ihr das Land zu zeigen. Insgesamt aber ein …
nettes Lesevergnügen
2017 rezensiert, Antiquariat, Großbritannien, Helen Hanff, USA