Ursula Poznanski
» Erebos
Autor: | Ursula Poznanski (Deutschland, 2010) |
Titel: | Erebos |
Ausgabe: | Büchergilde Gutenberg 2010 |
Erstanden: | Ein Tipp von meinem Sohn Malte |
In dem gut gemachten Jugend-Roman wird der Abwechslungsreichtum eines PC-Spiels gezeigt und wie dieses Suchtcharakter entwickelt. Raffiniert: Um einen Level weiter zu kommen im Spiel, muss der Hauptakteur Nick, Schüler der Oberstufe (in London), konspirativ weitere Mitschüler für das Spiel gewinnen. So wird der Suchtfaktor ganz besonders gesteigert. Das Spiel – und seine Verquickung mit der Realität – drängt sich immer mehr in den Alltag der teilnehmenden Schüler, terrorisiert sie geradezu. Hauptakteur Nick, der seinen Alltag immer mehr vernachlässigt, fängt an, sich das schön zu reden.
Aber als ihm vom Spiel aufgetragen wird, seinen Lieblingslehrer zu vergiften, steigt er – trotz schwerster Bedenken – aus; denn es bedeutet gleichzeitig den völligen Ausschluss aus einer ihm wichtig gewordenen Welt. Erebos verlangt nämlich konspiratives Verhalten gegenüber Außenstehenden, absolute Verschwiegenheit, insbesondere gegenüber Ausgeschiedenen. Die Spannung im Buch steigt dabei parallel zu der immer unheimlicher wirkenden Interaktualität: Woher »weiß das Spiel«, dass Nick keine Herztropfen in den Tee des Lehrers getan hat?
Eine Wende in die immer bedrohlicher wirkenden Situation kommt von weiblicher Seite (die meisten Spieler sind männlich): Nicks Mitschülerin Emily nähert sich nicht nur dem jungen Mann, sie erklärt sich bereit mit zu spielen, aber nur um zu sehen, worauf sie sich dabei einlässt. Vom Spiel gibt es immer widerlichere Aufträge an die Akteure, bis zum schweren Unfall eines Mitspielers- in der realen Welt. Das Spiel hat inzwischen weitgehend Macht über seine Akteure gewonnen, die Beziehungen der jungen Leute untereinander in der realen Welt gehen dabei immer mehr kaputt. – Das alles geht so weit, dass Mitspieler fast in einen Mord hinein getrieben werden, bis mit Hilfe einiger Hacker-Freaks aufgedeckt wird, welches reale Komplott hinter dem verhängnisvollen Computerspiel »Erebos« steckt. Wobei der bedenkenswerte Satz von einem Schüler gesprochen wird, von einem Sohn, der dem Vater sagt, dass er als (Programm-)Entwickler genauso wenig verfügbar war, wie die Kinder, die seine Spiele spielten.
Das Ganze ist wirklich spannend erzählt, steigert sich bis zum Schluss und bringt die Faszination solcher Spiele und ihre Auswirkungen auf Spieler beklemmend nahe. Es gibt Schwächen in der Darstellung wie der Entwicklung der Charaktere, der Beziehung zweier Hauptakteure und das Geschehen in London selbst ist doch arg vom Stadtplan abgeschrieben.
Aber es ist ein wirklich spannendes Buch um ein ungewöhnliches, weil äußerst interaktives und mit KI ausgestattetem PC-Spiel, in dem die Grenzen zwischen Realität und Spiel verschwimmen. Gute und flott formulierte Unterhaltung mit Fantasy-Elementen, lesbar gleichermaßen für junge Menschen und »alte Knacker«.
Spannende Unterhaltung
2018 rezensiert, Büchergilde Gutenberg, Computerspiel, Fantasy, Ursula Poznanski