Alan Bennett
» The Uncommon reader
Autor: | Alan Bennett (Großbritannien, 2007) |
Titel: | The Uncommon reader |
Ausgabe: | Reclam, 2009 |
Erstanden: | Read with EBC Osnabrück / Buchhandlung Volk, Recke |
Vordergründig ist es die Geschichte einer britischen Monarchin, die ihr Herz an das Lesen, an das Buch verliert. Aber der britische Serien-, Comedy-, Hörspiel-, und Buchschreiber Bennet gibt viel mehr in seiner »souveränen Leserin«, wie der deutsche Titel des »Uncommon reader« lautet. (Ein Wortspiel, dessen Hintergrund mehr als die direkte Übersetzung »Die ungewöhnliche Leserin« ergibt, was sich aber erst aus dem Buch selbst erschließt.)
Immer wieder schmunzelt man ob der Ähnlichkeit der Figuren mit realen Persönlichkeiten, was der Autor aber vorweg als Fiktion erklärt, ein Schelm!
Lesen lernt die Monarchin durch die zufällige Begegnung mit einem ihrer Küchenjungen, dessen Buchbegeisterung ihr Interesse und die Eifersucht der Hofschranzen weckt. Die kommen bei Bennett schlecht weg, scheint die Queen doch im ständigen Zwist mit deren normierender Arbeit, querelig schlecht mit britischem Eigensinn der Regentin verträglich.
Viel Witz des Buchs resultiert aus Anspielungen auf real existierende Personen, insbesondere in der abendlichen Zwiesprache der Königin mit einem grummeligen, boshaft ironischen Ehemann, oder dem bereits schimmelnden Senior Consultant. Und es ist ein Buch mit Sympathie für Außenseiter, wenn schon eine Königin einen rothaarigen schwulen Küchenjungen zu ihrem persönliche Berater erklärt! Der ganze Hof notiert, wie sich das Leben und der Mensch, der hinter der Rolle der Monarchin steckt, von der so schöne Aphorismen entwickelt werden: Lesen ist keine öffentliche Bürgerpflicht, vielleicht sollte es das aber sein ( »One reads for pleasure. It is not a public duty. Perhaps it should be«. Und: »Literature is a common wealth, letters a republic« -typische Wort- und Satzspiele von Bennett.
Um der Königin das Lesen zu vermiesen, wird ihr Buch schon mal als Sprengstoffpaket verdächtigt. Was sie ironisch bestätigt, es ist Sprengstoff, nämlich um Deine Fantasie zu zünden. Auch traurige Realitäten erscheinen, so das neoliberale Zusammenstreichen des Sozialstaats, dem auch der Bücherbus zum Opfer fällt.
Was lernt man nicht alles über Lesen und Literatur, die man liest, um andere Leben und Welten zu entdecken. Wie das Lesen das Leben verändert, nicht nur das von Königinnen. Ob es stimmt, dass Lesen kein Handeln ist, erst Schreiben wäre es?
Köstlich »You don’t put your life into a book, you find it there!« Und: Wie kann man nur ohne Lesen auskommen; was man alles versäumt, wenn man bestimmte Bücher nicht kennt – was auch ich mich immer wieder frage…
Dieses Buch macht permanent Lust zum Lesen, gibt ungeheuer viele Hinweise auf Autoren, vorwiegend des angelsächsischen Kulturrraums, aber auch anderer, z.B. Marcel Proust. Wichtig für mich der Tipp zu den »Ethnic classics«, also den Autoren des großen Commonwealth, die ihren Kulturraum, sei es aus Indien, Kanada oder Süd-Afrika in Büchern zu den Menschen tragen. Diese werden in der ausgezeichnete Reclam Fremdsprachentext-Ausgabe auch gleich kurz vorgeschlagen.
Die »ungewöhnliche Leserin« erfreut durch ihren trockenen britischen Humor, nur Neuseeland ( »It’s a blank«) kommt nicht allzu gut weg.
Die Erfahrungen des Lesens, der Umgang mit Lesenden, das »Buchleben« verändert auch die Königin, die daher auf einer Versammlung der höchsten Würdenträger eine höchst überraschende Konsequenz zieht und veröffentlicht – was hier nicht verraten wird!
Eine höchst amüsante Ode an das Lesen, was nicht nur Königinnen verändert!
Charmant-ironisches Plädoyer, mit Lesen sein Leben zu verändern.
It’s a wonderful ode, a pledge for reading books, a charming ironic story on an English queen. Charming, ironic, witty and stimulating to do but one thing: To read!
An ironic charming pledge to read – and change your life!
2019 rezensiert, Alan Bennett, Bücher, Englische Originalausgabe, Großbritannien, Lesen, London, Queen Elizabeth, Reclam