B. Traven
» Das Totenschiff
Autor | B. Traven (Deutschland, 1926) |
Titel | Das Totenschiff |
Ausgabe | Büchergilde Gutenberg, 1972 |
Erstanden | Aus dem Familiennachlass |
Es ist mitnichten eine rein maritime Geschichte, denn über ein Drittel erzählt der Roman, wie es einem armen Teufel, der seine Papiere verloren hat, in den Mühlen der Staatsbürokratie in den zwanziger Jahren des 20. Jhdts geht. Damit beginnt eine kafkaeske (aktuell eher Seehofer´sche) Odysee durch europäische Staaten, keiner will den Mann ohne Papiere haben oder annehmen, geschweige denn ihm neue Papiere geben. Im Konsulat in Paris erfährt er, dass im Gegenteil dazu (scheinbar Reichen) Papiere förmlich nachgeworfen werden, Großes Bankgeschäft und Luxuskabine »beweisen alles«. Geschickt schreibt Traven in diesem Abschiebezirkus vom Gegensatz zwischen Staaten und Menschen. Ihm gelingen teils makabre und köstliche Momente: Wenn der zum Tode Verurteilte das superbe französische Essen lobt, wenn er die nationalen Eigenheiten der Länder anhand des Umgangs mit papierlosen armen Teufeln beschreibt, am besten das »Leben und leben lassen« in Spanien.
Nach langem Tramp, vergeblicher Suche nach Arbeit auf einem Schiff, begegnet er dem »verrosteten Eimer«, der Yorrick, die sein Schicksal wird, dem Anheuern auf diesem abgewrackten Dampfer, mit seiner abgewrackten Mannschaft, kann er nicht entgehen. Furchterregend, gelungen die Beschreibung des Schiffs und seine Zuständen, enge verdreckte Bunks (Kojen), Stroh und Decken selbst mitzubringen, Selbstverständliches (wie Seife) fehlt, dafür sind die Bordratten so groß wie Katzen. Schrecklich die internen Hierarchien »ganz unten«, am Ende der »Kohlenzieher« auf der »Rattenwache«, höllisches Schlacke ziehen, 50kg teils glühender Asche an tückischer Winsch, wohin der Protagonist vom 2. Offizier laviert wird, fiese Ausbeutungsmethoden – man fühlt sich an die Subunternehmen der Fleischindustrie erinnert. – Auf diesem Totenschiff lernt man, wie man Sklaverei und Krieg ertragen kann, »so tief kann kein Mensch sinken, dass er nicht noch tiefer sinken könnte,.. daß er nicht noch Schwereres ertragen könnte.«(S. 178). Aber: Menschen gewöhnen sich nicht an Qualen, sie werden nur abgestumpft. – Und es gibt hunderte von Totenschiffen auf den sieben Meeren, »Alles muß seinen Profit abwerfen.« (S. 200).
Traven ist ein eindrucksvoller Roman um die Schicksale der Menschen auf einem »Totenschiff« in aller Bitterkeit schauerlich gut gelungen: Lasset alle Hoffnungen fahren.
Das Ganze ist mitunter etwas verfahren erzählt, ist gespickt mit Anekdoten von armen Teufeln an Land und zur See. Traven wird in diesem dennoch leicht zu lesenden Buch nur manchmal politisch und läßt dann gerne Anarchismus durchblitzen. Kein Wunder in einer solchen Existenz, die er wohl persönlich kennengelernt hat.
In der Summe fällt das Totenschiff etwas gegenüber dem Carreta-Zyklus ab (vgl. »Gelesen im März 2019«), bleibt aber:
Gute, realistische Unterhaltung
2019 rezensiert, Arbeiterliteratur, B. Traven, Büchergilde Gutenberg