Jack London
» Die weiße Grenze
» Lockruf des Goldes
Autor: | Jack London (USA, 1902/1910)) |
Titel: | Die weiße Grenze / Lockruf des Goldes |
Ausgabe: | Büchergilde Gutenberg, 1982 (?) |
Übersetzung: | Erwin Magnus |
Erstanden: | Aus dem Familiennachlass |
Ein Doppelband mit zwei recht unterschiedlichen Titeln, aus der Neu-Herausgabe von Jack Londons Werken bei der Büchergilde in den Siebziger/Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts; leider in einer schlechten, ziemlich holprigen Übersetzung.
Die weiße Grenze ist einerseits eine banale Goldgräber und »Wilder-Hoher-Norden«-Geschichte um den gefürchteten und geachteten, superharten Jack Welse und seiner toughen Tochter. Der weiße Rassismus tobt sich wieder mal aus beim Autor, Seite 85: »Ich kann verstehen, dass alle siegreichen Rassen aus dem hohen Norden gekommen sind, um zu herrschen«. Die Damenwelt hat dabei wenig zu bestimmen, wenn der Vater gegenüber der Tochter zum Bräutigam bemerkt:?»Du bist zur Freude für ihn geschaffen.« Dagegen stehen ein fantastischer Aufbruch der Yukon-Region im Frühling, tolle Geschichten um einen Mord, handfeste Prügeleien, Revolver sprechen, der »wilde Norden« eben, wofür man den Autor liebt.
Ganz anders der »Lockruf«, wobei die eher öde Saloon-Kultur und der alberne »Wer-ist-der-Stärkste-Kult« nicht mehr faszinieren wie vor 40 Jahren, eingeräumt. Und der strahlende Superheld und Goldgräber »Burning Daylight« nach verlorener Pokerpartie und einer Wettreise bei -60 Grad nach dem Verlust seiner Vorräte in einen wirklich spannenden Existenzkampf gerät, aber gleichzeitig die Überlegenheit der Weißen Rasse demonstriert. Nun aber entwickelt London ein kleines Lehrbuch des Kapitalismus, am Schreibtisch, als Sägewerksbesitzer und Lebensmittelspekulant lässt sich mehr Geld verdienen, denn als einfacher Goldgräber. Ebenso in dem man Methoden zum industriellen Goldabbau entwickelt, umsetzt, verknüpft mit Visionen eines durchindustrialisierten Nordens. Verwickelt in per Colt ausgetragenen Konkurrenzkämpfe mit alteingesessenen Millionären, zeigt der Held, dass er den Kapitalismus begriffen hat, Seite 353:?»Die moderne Gesellschaft war ein riesiger organisierter, auf Ausbeutung der Schwachen und Minderbegabten berechneter Schwindel.« – Erst mit der Begegnung des zum zynischen Tycoon gewordenen Daylight mit einer Frau, die eine Kultur besitzt, die dem Geldhai abgeht, wird der »Lockruf« zum großen Roman. Sie hält ihm vor, er betreibe keine ehrliche Arbeit, worauf er entgegnet, entweder wird man ausgeraubt, oder man gehört zu den Räubern.
Die wechselvolle Geschichte des zum Großunternehmers und Finanzkapitalisten mutierten einstigen Goldbräbers mündet in einen anderen US-Traum:?Die kleine Farm am Rande der Zivilisation, wo man mit seiner Hände Arbeit schafft, glücklich und zufrieden, bis ans Ende ihrer Tage; Kinder sind darin allerdings nicht vorgesehen.
Ach Jack London, Deine Bücher sind so widersprüchlich wie das reale Leben, trotz Lobpreisung der »Jeder-gegen-Jeden-Gesellschaft«, trotz Rassismus, Deine wilden Geschichten aus dem hohen Norden, die bärbeißigen Siegertypen, die Schönheiten der meist kalten Natur, sie fesseln trotz allem. Trotz der Schwächen, aller politically incorrectness: