Sofi Oksanen
» Hundepark
Autor: | Sofi Oksanen |
Titel: | Hundepark |
Ausgabe: | Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2. Auflage 2022 |
Das System der ausbeuterischen Leihmutterschaft in der Ukraine ist Thema des Romans ›Hundepark‹, der heute noch betroffener macht als bei seiner Erstveröffentlichung 2019.
Helsinki 2016: Die Protagonistin sitzt auf einer Bank und beobachtet eine Familie mit ihren spielenden Kinder und einem Hund. Eine Frau setzt sich neben sie und man erahnt sofort, dass sich hier ein Konflikt entwickeln wird, der von der Erzählerin bis in die 80er und 90er Jahre zurück verfolgt wird, um die politische und soziale Lage in der zusammenbrechenden UdSSR und der dann selbstständigen Ukraine verstehen zu können. Bei dieser Darstellung ist die Erzählerin drastisch real! Unterschiedliche Zeitebenen und Erzählstränge sollen ein großes Ganzes bilden und hier setzt meine Kritik ein.
Nachdem ich die Hälfte des Romans gelesen hatte und immer noch auf der Suche nach dem Faden der Ariadne war, habe ich zwar weiter gelesen, aber eher ungeduldig, denn die Erzählerin verliert sich in vielen Einzelheiten, so dass der Spannungsbogen – es handelt sich hier um einen Thriller – eher nicht trägt. Das Thema der Leihmutterschaft ist immer noch hochaktuell, arme mittellose Frauen werden ausgebeutet, um wohlhabenden, kinderlosen Ehepaaren aus dem reichen Westen den Kinderwunsch skrupellos zu erfüllen. Die Erzählerin stellt sehr präzise dar, wie die Korruption und die obskuren Geschäfte immer weiter zunehmen, während arme Frauen ihren Körper verkaufen müssen, um nicht in völliger Armut zu leben. Das wird sehr präzise formuliert – mir fehlen hier jedoch die Emotionen, ihre Darstellung ist mir zu spröde.
Dazu die Neue Züricher Zeitung vom 11.03.2022:
»Die Ukraine ist für Fortpflanzungstouristen ein beliebtes Ziel, denn hier ist die Leihmutterschaft legal, während sie in der Schweiz oder Deutschland aus ethischen Gründen verboten ist. Die jungen Frauen, die dank dem Geld der Paare aus dem Westen der Armut entkommen, treten in der Zeit der Schwangerschaft den Anspruch auf ihren Körper ab: Für die 15 000 Euro, die sie pro auszutragendes Baby erhalten, tun sie das, was ihre Auftraggeber wünschen.
Nicht nur wird der Körper der Frau auf einen Brutkasten reduziert. Sondern es wird auch vertraglich festgelegt, auf was die Leihmutter alles verzichten soll, um das entstehende Leben zu schützen. Auf Sport, Sex, Kaffee, Flugreisen. Das Dilemma, dass der Bauch zwar ihr gehört, das Kind darin aber anderen, akzentuiert sich im Krieg.« (https://www.nzz.ch/gesellschaft/leihmuetter-in-der-ukraine-der-krieg-stoppt-geschaeft-mit-babys-ld.1673686)
In fast allen Rezensionen wird die Übersetzerin – Angela Plöger – hochgelobt. Auch hier setzt erneut meine Kritik ein. »Schließlich stürztest du noch ein Glas hinunter …« oder … »du schenktest wieder Gläser voll …« (S. 320f). Falsches Tempus oder falsches Verb – aber Zungenbrecher!
Aber auch noch Kitsch as Kitsch can: »… denn du warst wie eine Sternschnuppe vom Himmel in mein Herz gefallen.« (S. 342) oder »Es fiel ihr schwer, Worte zu bilden, und sie kaute auf ihnen herum, bevor sie sie ausspucken konnte.« (S. 345)
Bestseller? Für mich nicht!
Margret Hövermann-Mittelhaus
2022 rezensiert, Geschichte, Kiepenheuer & Witsch, Leihmutterschaft, Sofi Oksanen, Ukraine