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Lese­fut­ter – was ich im Dezem­ber 2022 ver­knus­pert habe

Lese­fut­ter – was ich im Dezem­ber 2022 ver­knus­pert habe …

Lesen ist ein Lebens­eli­xier, eine Lebens­phi­lo­so­phie, die sich jedes Jahr aus etwas über 100 Büchern nährt. Das alles zu rezen­sie­ren über­steigt meine Kräfte bei wei­tem. Völ­lig uner­wähnt sol­len sie aber nicht blei­ben und fortan kurz & knapp hier im Ber­li­ner Lite­ra­tur­blog »altmodisch:lesen« vor­ge­stellt wer­den. Also was gabs im Weih­nachts­mo­nat für Lesefutter?


Mein­rad Ing­lin, »Die Welt in Ingold­sau« aus dem Schwei­zer Lim­mat Ver­lag. Ein Buch, das ich als sehr, sehr schwei­ze­risch emp­fun­den habe, der Ver­lag eine Fund­grube der lite­ra­ri­schen Schweiz. Hier wird in stil­ler, aber ein­drucks­vol­ler Spra­che die ver­hee­rende Wir­kung reli­giö­sen Glau­bens vor allem auf das Auf­wach­sen jun­ger Men­schen in einer zen­tral­schwei­zer Klein­stadt gezeigt. Kein Wun­der, das der Ver­fas­ser Ing­lin sich vom Katho­li­zis­mus abge­wen­det hat.

garman

Zwei Bände des Nor­we­gers Alex­an­der Kiel­land (ver­glei­che), die lose zusam­men­hän­gen, waren höchst erfreu­lich: »Käptn Worse« sowie »Gar­man und Worse«. Beide dre­hen sich um das Gesche­hen in den rei­chen Han­dels­häu­ser West-Nor­we­gens im 19. Jahr­hun­dert; aus denen auch der Autor stammte. Im Ver­gleich zum fast zyni­schen »Jakob« kommt der »Käptn« eher betu­lich aus alter Zeit daher. Mit eini­gem pie­tis­tisch-grau­sa­men aber gut erzähl­tem Gesche­hen. Ein­drucks­vol­ler wirkt »Gar­man« mit sei­nen Frau­en­schick­sa­len und der sanf­ten aber mie­sen Unter­drü­cker­rolle der Kir­che; ver­bun­den mit sub­ti­ler Sozi­al­kri­tik. Beide Bände mit sehr infor­ma­ti­ven Nach­wor­ten ver­se­hen in den hüb­schen Aus­ga­ben der Die­te­richschen Ver­lags­buch­hand­lung zu Leip­zig, 1961. Beson­ders lesenswert.

Aus »Tem­pel­ho­fer Ein­bli­cke« von den Her­aus­ge­bern Mathias Hei­sig und Syl­via Wallec­zek habe ich über meine neue Hei­mat Ber­lin-Tem­pel­hof gelernt, welch ein­drucks­vol­les jüdi­sches Leben es ins­be­son­dere in unse­rem Mari­en­dor­fer Kiez gab – bevor es von den Faschis­ten in den KZs ver­nicht wurde. Neu war mir auch ein üppi­ges Natur­frei­bad nahe der Ull­stein­strasse, dazu über ein Lager für Dis­pla­ced Per­sons bis 1948, die »Flie­ger­sied­lung sowie die VHS in Tem­pel­hof: Edi­tion Ber­lin im Metro­pol Ver­lag. Frau­en­schick­sa­len und der sanf­ten aber mie­sen Unter­drü­cker­rolle der Kir­che; ver­bun­den mit sub­ti­ler Sozi­al­kri­tik. Beide Bände mit sehr infor­ma­ti­ven Nach­wor­ten ver­se­hen in den hüb­schen Aus­ga­ben der Die­te­richschen Ver­lags­buch­hand­lung zu Leip­zig, 1961. Beson­ders lesenswert.

Lite­ra­risch und auch inhalt­lich wesent­lich schwer­ge­wich­ti­ger sind »Die Geschwis­ter« von der so früh ver­stor­be­nen DDR Autorin Bri­gitte Rei­mann, erschie­nen im Auf­bau Ver­lag 1963. Es spielt 1961 und geht um die Frage, in der DDR blei­ben oder nicht? Es geht aber auch um Kunst­auf­fas­sung, wie man Kon­flikte aus­trägt, Leben zwi­schen Ost- und West. Eine junge Frau und ihr ver­zwei­fel­tes Rin­gen, den gelieb­ten Bru­der nicht durch »Repu­blik­flucht« zu ver­lie­ren. Die Rei­mann ist hier noch die junge unge­bro­chene, voll auf die Hof­fung »Sozia­lis­mus« set­zende Autorin. Ein Text, der mit sei­ner Spra­che, schon eine Vor­ah­nung auf die »Fran­ziska Lin­ker­hand« gibt – sehr lesenswert!

»In den Vor­gär­ten blüht Vol­taire« meint die zum Teil in Ber­lin lebende Kolum­nis­tin Pas­cal Hugues und ver­fasst in dem bei rororo erschie­ne­nen Band höchst unter­schied­lich zu gou­tie­rende Glos­sen über den Ber­li­ner All­tag. Ich hab es als typisch neo­li­be­rale Schreibe emp­fun­den, manch­mal nett, vie­les belang­los, man­ches nur ätzend. Ins­be­son­dere wenn Madame Hugues unab­sicht­lich nach­drück­lich ver­rät, dass sie zur schrump­fen­den Frak­tion der Auto­fah­rer in der Stadt gehört, die lei­der nicht ein­mal mer­ken, wie sie den ande­ren Stadt­be­woh­nern das Leben zur Hölle machen.

Makedonisch

Nicht so stark und den­noch wert dem Ver­ges­sen ent­ris­sen zu wer­den ist das »Make­do­ni­sches Duell« des eins­ti­gen Kom­bi­nats­di­rek­tors und spä­te­ren DDR-Erfolgs­au­tors Hasso Grab­ner. Der zeigt in einem span­nen­dem Plot wie sich 1967 (nach dem Mili­tär­putsch) eine grie­chi­sche Wider­stands­gruppe erfolg­reich gegen die wider­li­chen Geheim­dienst­me­tho­den eines Lock­spit­zels weh­ren kann. Ent­schei­dend ist dabei der Mut und die Klug­heit zweier weib­li­cher Patrio­tin­nen. Vom glei­chen Autor kommt »Geheim­sa­che Norsk Hydro«, wo wirk­lich packend die Geschichte erzählt wird, wie den Nazis das zur Her­stel­lung von Atom­waf­fen unab­ding­bare und ein­zig im besetz­ten Nor­we­gen pro­du­zierte »schwere Was­ser ent­ris­sen wird. In unter­halt­sa­mer Form an mutige Anti­fa­schis­ten zu erin­nern, ist ein spe­zi­el­ler Ver­dienst Grabners.

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Alex­an­der Kiel­land
» Käptn Worse
» Gar­man und Worse

garman

Zwei Bände des Nor­we­gers Alex­an­der Kiel­land (ver­glei­che), die lose zusam­men­hän­gen, waren höchst erfreu­lich: »Käptn Worse« sowie »Gar­man und Worse«. Beide dre­hen sich um das Gesche­hen in den rei­chen Han­dels­häu­ser West-Nor­we­gens im 19. Jahr­hun­dert; aus denen auch der Autor stammte. Im Ver­gleich zum fast zyni­schen »Jakob« kommt der »Käptn« eher betu­lich aus alter Zeit daher. Mit eini­gem pie­tis­tisch-grau­sa­men aber gut erzähl­tem Gesche­hen. Ein­drucks­vol­ler wirkt »Gar­man« mit sei­nen Frau­en­schick­sa­len und der sanf­ten aber mie­sen Unter­drü­cker­rolle der Kir­che; ver­bun­den mit sub­ti­ler Sozi­al­kri­tik. Beide Bände mit sehr infor­ma­ti­ven Nach­wor­ten ver­se­hen in den hüb­schen Aus­ga­ben der Die­te­richschen Ver­lags­buch­hand­lung zu Leip­zig, 1961. Beson­ders lesenswert.

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Mein­rad Ing­lin
» Die Welt in Ingoldsau

Mein­rad Ing­lin, »Die Welt in Ingold­sau« aus dem Schwei­zer Lim­mat Ver­lag. Ein Buch, das ich als sehr, sehr schwei­ze­risch emp­fun­den habe, der Ver­lag eine Fund­grube der lite­ra­ri­schen Schweiz. Hier wird in stil­ler, aber ein­drucks­vol­ler Spra­che die ver­hee­rende Wir­kung reli­giö­sen Glau­bens vor allem auf das Auf­wach­sen jun­ger Men­schen in einer zen­tral­schwei­zer Klein­stadt gezeigt. Kein Wun­der, das der Ver­fas­ser Ing­lin sich vom Katho­li­zis­mus abge­wen­det hat.

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