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Granitgrab

Per­nille Boels­kov
» Das Gra­nit­grab (Gra­nit­gra­ven)

Autor:Per­nille Boels­kov (Däne­mark, 2015)
Titel:Das Gra­nit­grab
Über­set­zung:Patrick Zöl­ler
Aus­gabe:For­la­get 4, til Venstre, 2016
Erstan­den:Dagli Brugsen, Peder­sker, Bornholm

Granitgrab

Uli Woh­lers köst­li­che »Spur der Schweine« (2011) schien als Krimi von der däni­schen Feri­en­in­sel ein­zig zu blei­ben, doch da kam die­ses Jahr die deut­sche Über­set­zung des »Gra­nit­gra­ven« der auf Born­holm leben­den däni­schen Jour­na­lis­tin Per­nille Boels­kov her­aus. Und das ist nicht nur eine wun­der­bare Born­holmer Som­mer­lek­türe, son­dern auch lehr­rei­cher Krimi­genuss. Lehr­reich weil der Plot um die nach Born­holm ver­setzte Pfar­rerin Agne­the so man­chen Lokal­f­lair ver­mit­telt, jedem Insel­urlauber bekannte Sehn­suchtsorte fea­tured, bis dahin wo der unwil­lige Zeuge ob des ange­bo­te­nen Biers unwil­lig grum­melt: »Ich trinke kein Clas­sic«. – Jeder Ein­ge­weihte grinst, denn es ist die Rede vom Sva­n­eke Clas­sic, einer der belieb­tes­ten Sor­ten des loka­len Sva­n­eke Bryg­hus. Hübsch, wenn sogar die auf Born­holm gebo­rene Pfar­re­rin sich mit einem Wör­ter­buch »Dänisch-Born­hol­misch« ver­se­hen muss – das gibt’s wirklich!

Respekt­los geht die Autorin mit der ört­li­chen Nomen­kla­tura um, ebenso wie mit den bigott-kon­ser­va­ti­ven Ele­men­ten der ört­li­chen Seel­sor­ger­schaft. Dabei gelingt es der Autorin in ihrem Erst­ling gleich zwei wirk­lich span­nende Plots unter­zu­brin­gen: Wer ist der unbe­kannte Tote im still geleg­ten Gra­nit­bruch bei Vang, was hat das mit dem Besuch eines jun­gen Rus­sen bei der Pfar­re­rin zu tun? Und wer stal­ked eigent­lich die junge Pfar­re­rin, die ja noch in der Pro­be­zeit ist?

Rich­tig raf­fi­niert wird es, weil der Plot eng mit einem sehr strit­ti­gen Kapi­tel däni­scher und Born­hol­mer Geschichte ver­knüpft ist: Wurde Born­holm 1945 von den Rus­sen besetzt oder befreit? Und warum lie­ßen Mut­ter­land und bri­ti­sche Alli­ierte die Insel der­ma­ßen im Stich, so dass auf der Insel der 2. Welt­krieg erst ein gan­zes Jahr spä­ter zu Ende war als im rest­li­chen Däne­mark? – So dass die Frage durch­aus ernst gemeint ist: Wären wir 1864 nicht bes­ser bei den Schwe­den geblieben?

Schließ­lich gewinnt der Begriff »die sind von drü­ben« (Insel­schnack zu allen vom Fest­land) eine ganz neue Bedeutung.

Abschied-Roenne
Blick auf den Hafen von Rønne, Born­holms Haupt­stadt. Rechts im Bild die Kir­che von St. Nico­lai, in deren Gemeinde die Titel­heldin Agne­the Bohn arbeitet.

Und dann lehrt Per­nille Boels­kov mich end­lich, wie man den jahr­zehn­te­lang besuch­ten Urlaubs­ort Peder­sker wirk­lich aus­spricht: »Pär­s­ker [Pær­s­ker]« – das wusste nicht ein­mal meine Dänisch-Lehrerin 🙂

Nicht nur für Born­holm Urlau­ber ein ange­nehm unter­hal­ten­des Stück däni­scher Lite­ra­tur mit eini­gem Tief­gang (nächs­tes Jahr mit Fortsetzung.

Sehr emp­feh­lens­wert

2016 rezensiert, Bornholm, Dänemark, Pernille Boelskov