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Buch-vom-Meer

Mor­ten A. Strøks­nes
» Das Buch vom Meer

Autor:Mor­ten A. Strøks­nes (Nor­we­gen, 2015)
Titel:Das Buch vom Meer
Aus­gabe:Deut­sche Ver­lags-Anstalt, 2016
Erstan­den:Pan­ke­buch, Ber­lin Pankow

Buch-vom-Meer

Zwei nor­we­gi­sche Freunde beschlie­ßen in den Lofo­ten auf die Jagd nach einem Eis­hai zu gehen, der mehr als 200 Jahre alt wer­den kann. In die­sem Rah­men erzählt der preis­ge­krönte Nord­norweger Strøks­nes seine Geschich­ten vom Meer, über die der nor­we­gi­sche Titel (»Das Meer­buch oder die Kunst einen Eis­hai aus einem Gum­mi­boot in vier Jah­res­zei­ten zu fan­gen«) wesent­lich mehr verrät.

Das ist eigent­lich ein ver­blüf­fend lite­ra­ri­sches Sach­buch über die Ozeane, wie wir sie so nicht ken­nen. Beson­ders neu­gie­rig – auf mehr – machen Strøks­nes man­nig­fal­tige Lite­ra­tur- und Mytho­lo­gie-Ein­blen­dun­gen und -Ver­weise sowie eine Fuß­noten­sammlung. Wie sehr der Autor Bücher liebt, zeigt der Stolz auf Exem­plare aus einer Leuchtturmwärter­bibliothek! Strøks­nes lehrt uns, dass die unter­ge­hen­den natur­na­hen Zivi­li­sations­formen des Nor­dens (beson­ders bei Svolvær=Spitzbergen) über zahl­rei­che Dia­lekt­wör­ter für Meer und Fische verfüg(t)en. Und, dass das Ver­schwin­den des einst nuan­cen­rei­chen Voka­bu­lars mit dem Ver­ges­sen von kom­ple­xen öko­lo­gi­schen Zusam­men­hän­gen einhergeht.

Ein Kalei­do­skop von (nicht immer) unbe­kann­ten Aspek­ten des Mee­res­le­bens wird ange­packt: Ist Was­ser inter­stel­la­ren Ursprungs, kommt alles Leben von dort, gibt es ohne Plank­ton kein Leben, sind wir der ein­zige belebte Pla­net im All, weil wir Was­ser haben? Unge­wöhn­li­che Mee­res­be­woh­ner wer­den ebenso vor­ge­stellt, wie Stü­cke der Eva­lua­ti­ons­ge­schichte, aber auch die klas­si­sche Stockfisch­herstellung. Die krasse, aber rich­tige Klage über die Plas­tik-Müll­ge­­birge im Meer. Und die Benen­nung der sechs Mas­sen­ster­ben der Erd­ge­schichte, die letzte aktu­ell durch den Men­schen ver­ur­sacht, wie die Zer­stö­rung ein­zig­ar­ti­ger Mee­res­land­schaf­ten durch die nor­we­gi­sche Ölför­de­rung. Dazu der Hin­weis, dass die Pro­zesse im Was­ser so lang­sam ablau­fen, dass es zum Han­deln zu spät ist, wenn die Pro­bleme auffallen.

Ande­rer­seits die Schön­hei­ten des Nord­meers, der Lofo­ten, die bei Autor und Leser glei­cher­ma­ßen häu­fig durch­bre­chen, wie das Leuch­ten des Polar­sterns im begin­nen­den Win­ter. Ein hübsch gemach­tes Werk im Lei­nen­ein­band, mit Buch­klap­pen und gelun­ge­ner Ge­staltung. Man könnte ein­wän­den, es ist nur ein Buch über 2 alte Kna­cker (einer »ver­west« die Reste eines auf mas­sen­haf­tem Fisch­mord auf­ge­bau­ten Reich­tums), die nichts Bes­se­res zu tun haben, als mit Aas und Fisch­res­ten einem Hai nach­zu­stel­len. Was stim­men würde und doch Strøks­nes nicht gerecht würde, aber sei­nen Anspruch etwas zurecht rückt. Wie man auch sagen muss, dass er zwar unge­hemmte Res­sour­cen­aus­beu­tung anspricht, aber weder Ver­ur­sa­cher noch Nutz­nie­ßer benennt, poli­tisch will er offen­bar nicht wer­den. – Ins­ge­samt aber ein gelun­gen-schö­nes lite­ra­ri­sches Sach­buch vom und über das Meer. Locker, inter­es­sant zu lesen, mit einer manch­mal holp­ri­gen Rah­men­hand­lung, aber auch lehr­reich, meist span­nend und unter­halt­sam. Das Buch vom Meer macht neu­gie­rig auf Wei­te­res vom Autor.

Lesens­wert

2016 rezensiert, Eismeer, Lofoten, Morten A. Strøksnes, Norwegen