Peter Brem
» Ein Leben lang erste Geige
Autor: | Peter Brem (Deutschland, 2016) |
Titel: | Ein Leben lang erste Geige |
Ausgabe: | Rowohlt 2016 |
Erstanden: | Buchhandlung Volk, Recke |
Die unterhaltsame Geschichte der beruflichen Laufbahn des ersten Geigers der Berliner Philharmoniker (bis 1992), Peter Brem, erzählt zusammen mit Doris Mendlewitsch. Aber nicht nur erster Geiger, sondern auch 15 Jahre Medienvorstand der Philharmoniker, und noch Kammermusiker dazu.
Brehm, hatte das Glück 46 Jahre (!) mit diesem Orchester der Weltspitze verbringen zu können und so ist sein Buch auch eines der Begegnungen, vor allem mit Spitzendirigenten, Karajan, Abbado, Bernstein, Barenboim, Ozawa, Zubin Mehta – alle gehören dazu, aber Karajan war der Größte! Über den kann er viel erzählen, seine Perfektion und Detailgenauigkeit, der Mitentwickler der CD-Technik, der Unterstützer des seinerzeit umstrittenen Scharoun-Neubaus der Berliner Philharmonie, der früh TV-Aufnahmen Geneigte. Er spricht aber auch über die lange schwache Entlohnung des Orchesters und den Krach des großen Maestro mit dem Klangkörper über/um Sabine Mayer.
Brehm weiß von der völligen Andersartigkeit eines Claudio Abbado oder eines Sir Simon Rattle zu berichten, auch wenn er wenig von dessen Musikauffassung verrät. Man merkt den Zeilen an, aus welch intensivem Musik- und Arbeits-Erleben diese Erfahrungen sprechen. Das gilt auch für seinen zweiten Dirigentenfavoriten, Daniel Barenboim, ewiger Zweiter auch bei den Wahlen zum Chefdirigenten; der Job an der Berliner Staatsoper sollte Trost genug sein. Oder Brems absolute Intensität der Arbeit an Mahler mit Bernstein und einer völlig entgegengesetzten Werkauffassung zu Karajan!
Brem schreibt über das ganz Besondere am Rosenkavalier, seine 150.000 Euro teure Geige und den »Nebenberuf« des Kammermusikers, warum er als Lehrer aufgehört hat und warum er froh war, nie Konzertmeister geworden zu sein. Auch über die Zuschauer, über deren Handies, Husten, Fotos und Blitzlichter – man hätte manches Konzert abbrechen müssen! Dagegen husten englische Zuhörer gar nicht, genau wie die Japaner; und Pariser sind einfach Enthusiasten. Man erfährt über die einheitliche Kleidung der männlichen Philharmoniker, was sich bei den Frauen nie durchsetzen ließ!
Natürlich ist dies in guten Teilen auch ein Buch über das besondere Biotop West-Berlin, in dem knapp die Hälfte spielt, berückend für mich als »Native«. Aber auch ein Stück (Welt-) Musikgeschichte. Das er fast nichts von seinem Privatleben verlauten lässt, ist in Zeiten der »Fatzbuch-Manie« geradezu angenehm, ein weitestgehend klatschfreies Werk – toll!
Das alles macht ein richtig schönes, manchmal zu flach geschriebenes Buch, voll der Liebe zur klassischen Musik, auch zu den Philharmonikern und ihren Dirigenten. Ein sehr anregendes, meist spannendes und unterhaltsames Werk.
Für jeden Freund klassischer Musik und besonders der Berliner Philharmonie eine vergnügliche Lektüre.
Vergnüglich!
2016 rezensiert, Berliner Philharmoniker, Musik, Peter Brem, Rowohlt Verlag