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Maurenbrecher

Man­fred Mau­ren­bre­cher
» Künst­ler­ko­lo­nie Wilmersdorf

Autor:Man­fred Mau­ren­bre­cher (Deutsch­land, 2016)
Titel:Künst­ler­ko­lo­nie Wilmersdorf
Aus­gabe:Bebra Ver­lag 2016
Erstan­den:Nico­lai­sche Buch­hand­lung, Ber­lin Friedenau
Maurenbrecher
Das ist kein Moiré, son­dern das bewusst grob geras­terte Cover

Die­ses Büch­lein, nur z.T. mit der Titel­story gefüllt, ist für mich in ers­ter Linie Nost­al­gie pur. Kenne ich die­ses Künst­ler­vier­tel nahe dem Brei­ten­bach­platz doch aus mei­ner Kind­heit und Jugend. Und diese Nost­al­gie bedient der Autor, des­sen Musik mir nie viel sagte, zum Teil sehr gründ­lich und oft wit­zig. So auch wenn er über den (nicht ganz kor­rekt titu­lier­ten) Jung­buch­händ­ler­kel­ler in der Gör­ress­str. Ecke Bun­des­al­lee schreibt, nicht mehr um die Ecke der Kolo­nie, aber wich­tig für das Auf­wach­sen im Grenz­kiez Friedenau/Wilmersdorf/Steglitz.

Wozu wie­derum die »Kolo­nie Lau­ben­hei­mer« (wie sie man­che nen­nen) gehört, wenn auch stark in Randlage.

Die­ses Eck­chen von Wil­mers­dorf, nahe Schö­ne­berg, Ste­glitz und Dah­lem, lag nach dem Krieg im Bri­ti­schen Sek­tor. Kom­men­tar: »Warum sollte jemand ernst­haft vor den Bri­ten flie­hen wol­len, die hat­ten die Queen, die Kinks und die Beat­les« – und genau das konnte man ja prima per BFBS (BFN) im alten West-Ber­lin verfolgen.

So kommt ein eher bür­ger­li­cher Rück­blick auf einen schon durch seine Bau­sub­stanz (20er Jahre) spe­zi­elle Künstler­kolonie zustande, die mehr oder min­der auf dem »ideel­len« Weg zum Prenz­lauer Berg erscheint. Das meint der Autor eher nicht, der mit­ten darin gele­gene Lud­wig-Bar­nay Platz sei »ein Rest West-Ber­lin.« Und: Und Sonn­tag vor­mit­tags im Bett lie­gend, fühle ich mich ganz in der Stadt.

Wor­auf sich der Leser fragt: Gibt es das wirk­lich noch das alte West-Ber­lin, ist es nicht pul­ve­ri­siert durch die neu­rei­che Dik­ta­tur des Gel­des, die aus Rus­sen­pho­bie die­ses Ter­ri­to­rium lange gemie­den hat, um es nun um so grau­sa­mer und imper­ti­nen­ter den Geset­zen des König Mam­mon zu unterwerfen?

Mau­ren­bre­cher gelingt es nicht immer den Nerv des Cha­rak­ters die­ses beson­de­ren Vier­tels zu tref­fen, aber oft genug. Auch wenn es wesent­lich lite­ra­ri­schere und his­to­risch genauere Abbil­der gibt, z.B. bei der unsterb­li­chen Dinah Nel­ken. So lie­fert der Autor ein schö­nes, in Nost­al­gie schwel­gen­en­des Puz­zle­stück des Cha­rak­ters der beson­de­ren Lage und der Stadt­ent­wick­lung der Künst­ler­ko­lo­nie. Und sel­ten habe ich die Ver­än­de­rung der Stadt tref­fen­der bezeich­net gese­hen, als wenn es bei ihm heißt: Im Zen­trum der Stadt, wo Tou­ris­ten Tou­ris­ten Ber­lin vorspielen.

Genau das ist es, was man im größ­ten Teil des schöns­ten Teils von Ber­lin, in Frie­denau und eben in der Küns­ter­ko­lo­nie Wil­mers­dorf mit dem »Flair von Frie­denau« ver­spürt, nah dran »aba Jott­sei­dank weit jenuch wech«.

Ein schö­ner Lese­tip, nicht nur für (R)West-Berliner.

2016 rezensiert, Berlin, Friedenau, Manfred Maurenbrecher, Steglitz, West-Berlin, Wilmersdorf