Kurt Mühlenhaupt
» Du – Du (Eine Lebensphilosophie)
Autor: | Kurt Mühlenhaupt (Deutschland, 2007) |
Titel: | Du – Du (Eine Lebensphilosophie) |
Ausgabe: | Kurt Mühlenhaupt Museum Bergsdorf, 2007 |
Erstanden: | Vom Mühlenhaupt Museum, Dank an Fuzzy & Reinhild |
Viel mehr als das »Berliner Blau« (bildorientiert) geben seine »Du-Du-Zwerge« (textorientiert) Einsicht in die Lebensphilosophie und Mühlenhaupts in Text- und gestaltendem Schaffen, sei es Bild, Zeichnung oder seine köstlichen, hier titelgebenden »Du-Du-Zwerge«. In deren Geschichten zeichnet er Teile seines Lebens, ob bei Muttern, in Kreuzberg oder dem ländlichen Kladow nach (wo die Uhren langsamer gehen). Allerdings auch Teile einer spießig-friedlich wirkenden Philosophie, aber mit treffenden Bemerkungen nach rechts und links. Wiewohl auch er die Welt verändern wollte, aber z.B. per Kinderbuch: »Denn nur über die Kinder lässt sich die Welt verändern.« Wesentlich für seinen Erfolg war der Berliner Galerist Jule Hammer (»Haus am Lützowplatz«) zu dem er berechtig spottet: »Er war der einzige, der zu jener Zeit für die SPD Kulturpolitik betrieb.« Ebenso bedeutsam für ihn waren die Rixdorfer (=Neuköllner) Drucker, Sigurd Kuschnerus ist zu nennen. Und als die alte alkoholfeste Clique aus Kreuzberg weg war, ging auch »Kurtchen«, zunächst ins ländliche Kladow (noch in Berlin), ein schärferer Kontrast zu Kreuzberg war eigentlich nicht denkbar. – Dann: Geschichten vom Feuerwehrbrunnen am Mariannenplatz, den Betonpisten der 60’er Jahre (Verantwortung: SPD), und: »Als bei uns der Wohlstand ausbrach, hatten wir eine ganz andere Art von Denkmälern. Der Müll türmte sich zu riesigen Halden.« – Wie Kurtchen Leierkastenmann wurde, das Volk kennenlernte und woran man arme und reiche Menschen unterscheiden kann.
Die köstliche Geschichte der nassen Matratze des Bürgermeisters, über widerlichen Ausländerhass und der krönende Abschluss: Die saufenden Polizisten namens »Prost« und »Zeh«!
Im Kladower Domizil kommen die zauberhaften, selbst geschaffenen Statuen wie die »Du-Du-Zwerge« zum vollen Durchbruch, ihre leicht bedepperten Paten, die fast skurrilen Nachbarn, köstlich-friedlich berichtet. Man fragt sich: Liegt da einer mit der ganzen Welt in Frieden? Dann kommt märchenhaftes, wie der Moby Dick auf die Havel kam, von der genügsamen Rentner-Nachbarin im Souterrain, vom Teufel, vom Glück und wie die Freuden überleben könnten. Oder die Geschichte vom verrenteten Straßenreiniger Franz, der nun für Tiere und Menschen da ist, und so wieder »wer« ist. – Kurtchen wird zum Mikrophilosoph und schreibt über die Unendlichkeit nach dem Tode, den Sinn des Lebens, ein Mann, einst nur als saufender Malerpoet unterschätzt. Dabei wird er durchaus politisch deutlich, fordert einen anderen Verteilungsschlüssel für den Reichtum der Welt. Gleichzeitig ist er ein verschmitzt-scharfsinniger Beobachter, ein wenig der Zille des alten West-Berlin. Wobei er anmerkt, dass Autos nicht nur schön sind, sondern auch die Welt vergiften, besonders, wenn 2 Mrd. Chinesen (auch) eines fahren. Schließlich das Résumee eines Raucherlebens, vom hustenden Kind zur Teerlunge und Raucherbein und Geschichten ringsherum. Ein zauberhaftes Erinnerungsbuch an einen schreibenden Malterpoeten, der die Welt ein wenig schöner gemacht hat.
Besonders empfehlenswert
2017 rezensiert, 80er Jahre, Berlin, Kladow, Kreuzberg, Kurt Mühlenhaupt, Sechziger, Siebziger, Zille