
Kurt Mühlenhaupt
» Berliner Blau
Autor: | Kurt Mühlenhaupt (Deutschland, 1981) |
Titel: | Berliner Blau |
Ausgabe: | Arani Verlag, 1981 |
Erstanden: | Vom Mühlenhaupt Museum, Dank an Fuzzy & Reinhild |
Berliner Freunde fuhren mit uns zum eindrucksvollen Mühlenhaupt Museum in Bergsdorf, zwischen Oranienburg und Zehdenick, bei Berlin. Das war ein nostalgisches Wiedersehen mit den Werken des (West-)Berliner Malerpoeten Kurt Mühlenhaupt. Der zu der Gruppe der dichtenden Kreuzberger Maler wie Robert Wolfgang Schnell, Siegurd Kuschnerus, Günther Bruno Fuchs &Co, unvergessen mit der Kreuzberger Kneipe »Leierkasten«, gehörte. Mühlenhaupt, der als Trödler in der Zossener Straße begonnen hatte, sich als Maler und Bildhauer & Poet einen Namen machte, der alkoholgetränkten Kreuzberger Szene Ende der achtziger Jahre ausgerechnet im ländlichen Kladow den Rücken kehrte, um nach der Wende ins brandenburgische Bergsdorf zu ziehen, noch mehr »JottWeDe« als Kladow. – Als »Spät-achtundsechziger« Berliner politisiert, empfand ich mitsamt der ganzen »APO« die malend dichtenden Kreuzberger Suffköppe als zu »unpolitisch« (ich war außerdem Schöneberger!) – 40 Jahre später verstehe ich »Kurtchen«, wie er liebevoll in Kreuzberg genannt wurde, wesentlich besser.
Das »Berliner Blau« ist ein zauberhafter Bild- und Textband, der Berlin, Kreuzberg, die siebziger/achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts poetisch vor Augen führt, in manchem durchaus auf Zilles Spuren. Hier wird – nach kurzem Überblick des Künstlers Leben, erklärt, wie sich das »Berliner Blau« vom »Preußisch Blau« unterscheidet, und der Wind über den Kreuzberg weht. Was es heißt, »einen zu schnasseln«, einen zu picheln, »ganz einfach eenen verkasematuckeln«, was zum dem in Kreuzberg besonders gut bekannten Zustand des Berliner Blau führte.
Wie Kinderstreiche am Chamissoplatz aussahen (ein Berliner Bürgerschreck zu der Zeit), und Kinder im Hinterhof (lautstark) spielten; »solange man die Jören hört«, sagte Mühlenhaupts Mutter, »ist alles in Ordnung, aba wenn et stille wird, fressen se wat aus.« Dazu gehört der geklaute Zucker und wie seinem Vater die Mottenkugeln in der Pfeife bekamen – ihm glatt das Rauchen abgewöhnten!
Sehr stilvoll die Runde über den Jerusalems- und Neue Kirche Friedhof, Teil der Friedhöfe am Mehringdamm, wo sich bis vor rund 50 Jahren auch das Familiengrab »Mittelhaus« befand. Mühlenhaupt war jedoch im gemeinsamen Saufgang mit einem Friedhofswärter auf der Suche nach dem (gut versteckten) Grab von E.T.A. Hoffmann, Ergebnis siehe »Berliner Blau« …
Sehr schön die illustrierten Texte entlang »olle Chamisso’n«; Glassbrenner, also »ollet Brennjlas«. Ebenso orginell die Geschichte des leicht zittrigen Malers Klecksel – oder wie Mühlenhaupt zu seiner beklecksten Bude kam. Die Poesie und Liebe zu Berlin und seinen Menschen, die aus diesem Schmuckstück von einem Buch sprechen, strahlen einen Zauber aus, den auch »Touris« empfinden dürften. Jedem »Wessi« als einführende Lektüre vor dem Berlin Besuch empfohlen. Mehr darüber hier …
Zauberhaftes Berlin Kreuzberg-Buch

Nachtrag: Das Mühlenhaupt-Museum befand sich zum Zeitpunkt unseres Besuchs nahe des Brandenburger Fleckens Bergsdorf, nördlich von Berlin. Dorthin war Mühlenhaupt ua. durch Vermittlung des großen Schauspielers Eberhard Esche gezogen. 2019 zog das von Mühlenhaupts Witwe geleitete Museum zurück an die Wurzeln, nach Berlin Kreuzberg, in einen tyischen Gewerbehof. Mühlenhaupt selbst verließ diese Welt im Jahre 2006. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof »Vor dem hallischen Tor«, Kreuzberg, in einer von Mühlenhaupt selbst gestalteten Anlage. Und unweit des einstigen Familiengrabs der Familie Mittelhaus, wie ich unbescheiden hinzu fügen möchte. Quelle
2017 rezensiert, 80er Jahre, Berlin, Kreuzberg, Kurt Mühlenhaupt, Siebziger, Zille