
Lion Feuchtwanger
» Waffen für Amerika
Autor: | Lion Feuchtwanger (USA, NL, 1946) |
Titel: | Waffen für Amerika) |
Ausgabe: | Büchergilde Gutenberg / Aufbauverlag Berlin/Weimar, 1986 |
Erstanden: | Aus dem Nachlass meiner Mutter |
Ein zweibändiger historischer »Schinken« des Autors, der auch unter dem gleichfalls irreführenden Titel »Die Füchse im Weinberg« bekannt wurde. Feuchtwanger versucht einen Teil der Historie Frankreichs, Englands und der in Entstehung begriffenen USA Ende des 18. Jahrhunderts (um 1776) wieder zu geben. Der Titel bezieht sich auf ein leitendes Handlungsmotiv, in dem der französische Geschäftsmann, Geheimagent, Pierre Caron de Beaumarchais, Autor der Libretti »Bar-bier von Sevilla« und des als aufrührerisch verstandenen »Figaro« für die nach Unabhängigkeit von England strebenden Nord-Amerikani-schen Kolonien Waffen aus Frankreich geliefert hatte. Frankreich tat einerseits alles um dem Erzrivalen England zu schaden, konnte gleichzeitig schwer republikanische Rebellen zu unterstützen, das Regime Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes stand ja seinerseits kurz vor der (französ.) Revolution (und ihrer Hinrichtung). Wesentlich für die Handlung ist auch das franz. Exil Benjamin Franklins und seiner amerikanischen Entourage, ohne dass diese je wirklich eng mit Beaumarchais zusammenarbeiten.
Feuchtwanger hat extrem viel in die rund 1000 Seiten hineingepackt, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von Philadelphia, damals basierend auf den französischen Philosophen bürgerlicher Rechte, heute ein Feigenblatt des weltweiten Kapitals. Die Verschwendungssucht Marie Antoinettes, Tochter der österreichischen Kaiserin Marie Antoinette, ihr als Regent schwacher Ehemann Louis, der Drang französischer Offiziere ins amerikanische Heer unter Washington. Mitunter droht das Ganze in ein »Adelsdrama« zu kippen, denn was die Verschwendungen der Königin für das Volk bedeutete, kommt praktisch nicht vor. Womit der Autor auch weitgehend die Erklärung schuldig bleibt, warum Barbier/Figaro so ungeheuer populär waren. – Das ganze ist eine Art nett illustrierte Historie, krankt aber unter der fragwürdigen Philosophie des Autors, dass die Geschichte trotz allem immer voranschreite. Die große Schwäche des meist flüssig zu lesenden historischen Romans, ist aber die Unfähigkeit des Autors wenigstens seine Hauptpersonen zu echten Charakteren durchzugestalten, er klebt Etiketten, statt Personen zu entwickeln. Die werden angerissen, äußerlich beschrieben, mitunter karikiert – und bleiben doch blasse Abziehbilder, Klischees, nie wird klar, was einen Benjamin Franklin wirklich treibt. Nie wird eine Einbettung der Hauptpersonen in die wirtschaftlichen Hintergründe der politischen Entwicklung versucht. Es ist diesbezüglich ein schlechtes Stück personifizierter Historie, episodischer und sich im Detail verlierender Darstellungen. Kein Vergleich mit der scharfsinnigen »Erfolg«-Trilogie Feuchtwangers, hier klärt er gerade nicht auf und bleibt häufig blutleer. – Sehr hilfreich dagegen das einordnende Nachwort von Hans-Albert Walter, der auf die Hohlheit der US-amerikanischen Menschenrechtsdeklaration hinweist: An der Sklaverei änderte sie gar nichts!
Feuchtwanger kann schreiben, ohne Frage, hier hat er sich an Sujet und Personen leicht verhoben, einigen Genuss vermittelt die Lektüre trotzdem, für Feuchtwanger Fans allemal.
(Noch) Gut lesbar
2017 rezensiert, Benjamin Franklin, Büchergilde Gutenberg, England, Frankreich, Geschichte, Marie Antoinette, Unabhängigkeitskrieg, USA