Julia Franck
» Die Mittagsfrau
Autor: | Julia Franck |
Titel: | Die Mittagsfrau |
Ausgabe: | Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 2007 |
Erstanden: | Büchergilde Gutenberg |
Die Lebensgeschichte einer Frau in einer dramatischen Zeit, aber …
schon nach den ersten Seiten habe ich mir die Frage gestellt, warum Helene ihren siebenjährigen Sohn Peter 1945 allein am Bahnsteig in Stettin zurücklässt und nicht zurückkehrt.
»Ich bin gleich zurück, wart hier, sagte sie. Und er: Ich komm mit. Und sie: Lass mich los, Peter.« (S. 27)
Der Krieg ist überstanden, Helene hat ihren Sohn beschützt und jetzt lässt sie ihn auf dem Bahnsteig allein.
Während des Lesens wurden die Fragen immer mehr:
- Verweigert Helene ihre Mutterrolle?
- Ist Helene eine kaltherzige Frau?
- Kann sie ihr eigenes Kind nicht lieben, weil ihre Mutter in der Liebe zu Helene versagt hat?
- Glaubt Helene ähnlich zu versagen wie ihre Mutter?
Während des Lesens wurden die Fragen immer mehr. Einige Antworten habe ich auch gefunden, aber nicht immer eindeutige.
Die Rollenverteilung im Roman ist eindeutig:
Männer spielen eher eine lieblose Rolle, sodass sich dieses Verhalten auf das spätere Verhalten Helenes ihrem Kind gegenüber übertragen lässt. Auch das Verhalten ihrer Mutter Selma ist als lieblos zu bezeichnen, sodass Helene Angst davor hat, das Verhalten ihrer Mutter zu wiederholen, Helene wird immer schweigsamer und lebt zurückgezogen. Peter versteht nicht, warum seine Mutter, die er über alles liebt, so schweigsam ist. Sein Vater behauptet, weil sie ›kalt‹ sei. Hat Helene also kein Herz, weil sie Peter nicht lieben kann?
Wie kann Helene ihre Rolle in der Gesellschaft als Frau und Mutter finden?
»Sie (Helene) wendet sich vom ihrem Inneren ab, um zu funktionieren. Sie erlischt im Lauf des Buches«, beschreibt Franck ihre Protagonistin. (Quelle)
Ein Roman, der viele Fragen offen lässt!
Margret Hövermann-Mittelhaus
2022 rezensiert, Berlin, Büchergilde Gutenberg, Familienroman, Geschichte, Julia Franck, Zweiter Weltkrieg