Thomas Mann
» Der Zauberberg
| Autor: | Thomas Mann (Deutschland, 1924) |
| Titel: | Der Zauberberg |
| Ausgabe: | Aufbau Verlag Berlin/DDR, 1962 |
| Erstanden: | Antiquarisch erworben in der Landbuchhandlung von Michael Kross, Bippen |

Mir ist klar, dass ich hier ein Sakrileg begehe, eine Art literarisches deutsches Heiligtum schänden. Eine Kritik, gar eine vernichtende, an einem angeblichen »Jahrhundertwerk« eines berühmten deutschen Autoren, Thomas Mann, – wie kann man das kritisieren?
Man kann und wie! Nach 1034 Seiten meist von Langeweile gequälter Lektüre musste ich konstatieren, dass dieses Buch und ich in keiner Weise zu einander passen. Diese Sammlung blasierter Großbürger, die mit ihrer Krankheit im Edel-Sanatorium dahin siechen und protzen – uninteressant und grauenhaft!
Soll ich ernsthaft die nichtsnutzigen Senatoren- und Kaufmannssöhnchen in ihrer Schweizer Luxusresidenz bemitleiden, während gleichzeitig hunderte TBC-Kranke Arbeiter in Hamburger Elendsquartieren verrecken, über die aber niemand Romane schreibt? Und auf deren Elend der Wohlstand der haute volée aufgebaut ist?
Soll ich die unglückliche Liebe zu irgendeiner russischen Aristokratin bewundern, die ihren Reichtum aus der gnadenlosen Ausbeutung russischer Bauern bezieht? Soll mich das Seelenleben dieser Schmarotzer und Coupon-Schneider in irgendeiner Weise fesseln? Höchstens konnte ich mich über den Hokuspokus der Halbgötter in Weiß amüsieren, die den achsokranken Hamburger Geldadel nach Herzenslust mit ihrem pseudomedizinischen Hokus-Pokus gnadenlos finanziell schröpfen – recht geschieht ihnen!
PS: Wie ein Roman über kranke Menschen und ihre Behandlung angemessen, realistisch und ansprechend aussehen kann, hat die Norwegerin Amalie Skram rund 30 Jahre vor Thomas Mann in ihrem Buch »Professor Hieronimus« kongenial zu Papier gebracht: hier
Also noch ein Minuspunkt für den Magiehügel: Die Literatur war schon 30 Jahre früher wesentlich weiter – und weiblich!
Zeit- und Papierverschwendung!
Nachtrag: Brigitte Reimann, die großartige DDR-Schriftstellerin, formuliert in ihren Tagebüchern und Briefen (»Die geliebte, die verfluchte Hoffnung«) ihre Einschätzung zum Zauberberg so: »Aber ich liebe nun einmal die Streiter und Rebellen, die Veränderer, ich liebe Gladkow und Lebedinski … , und ich weiß jetzt auch, warum ich mich für Mann nicht erwärmen kann: Er interpretiert, aber er hilft nicht verändern. Schwanengesänge statt der Internationale…Den »Zauberberg« fange ich nicht noch einmal an, großer Schwur! «
Dem schliesse ich mich von Herzen an!