Hermann Bang
» Das weiße Haus
Autor: | Hermann Bang (Dänemark, 1887) |
Titel: | Das weiße Haus |
Übersetzung: | Gisela Perlet |
Ausgabe: | Hinstorff, DDR, 1982 |
Erstanden: | Antiquarisch vom »Bücherwurm« Michael Kross |
Seitdem mir der niedersächsische Antiquar M. Kross Hermann Bang (Titel: »Michael«, eigentlich »Mikaël«) ans Herz gelegt hatte, spätestens aber seit der herrlichen Manesse-Ausgabe von Aldo Keel (»Tine«) kann ich mich als »Fan« des Dänen Hermann Bang bezeichnen. Hinzu kommt Dorit Willumsens eindrucksvoller Roman »Bang« (1998). Als ich nun in Kross’ »Bücherwurm« die dreibändige Hinstorff-Ausgabe von Bangs ausgewählten Werken entdeckte, gab es kein Halten mehr. Wieder einmal eine der wunderbaren Ausgaben skandinavischer Autoren vom Rostocker Verlag in der damaligen DDR! – »Tine«, das vielleicht schönste Stück von Bang, auch in Band 1 enthalten, hatte ich schon zweimal gelesen. Und mich nun – im Urlaub in Dänemark – auf »Das weiße Haus«, »Das graue Haus« und »Stuck« konzentriert – mit viel Lesevernügen. Summiert zwischen »begeistert« und »naja« – aber lesen Sie selbst:
Hermann Bang
»Das weiße Haus«
Das weiße Haus brachte mir in erster Linie wunderschöne Kindheitserinnerungen des Autors. Bang entwirft, nein entwickelt märchenhafte Bilder einer Kindheit, mit jungen Augen gesehen, flirrende Geschichten Kind zu sein, bei einer herrlich »schrägen« Kaleidoskop-Mutter.
Kindheit, das kann Spielen auf den Teppich sein, wo jedes Muster eine Burg darstellt und die Mutter so schön singt, dass die Mägde weinen. An den Weihnachtsbaum kommen so viele Kerzen, bis er brennt. Der Besuch bei der Hundertjährigen, bei der es so still war, dass nicht einmal die Katze zu schnurren wagte. Die holsteinische Madame Jespersen, »Jungfer Stine war lang wie ein Mannsbild und sehnig wie ein Gaul«.
Die Gesindestube für den Dorfklatsch. Der Vater, dessen Tür immer zu war und der den Sohn ohrfeigte, als der grob zum Dienstmädchen war. Gräfin Donner auf Schloss Gottorp. So viele Bilder, Gedichte und Lieder, viele melancholisch, begleiten das Aufwachsen im weißen Haus.
Wie der Frühling kommt, »Tine, es ist als stöhnte die Erde.« Der Leierkastenmann kommt, aber Mutter dreht den Leierkasten. Entsetzen über eines der Hausmädchen, dem »etwas passiert war«, was Mutter benennt, »sich paaren«.
Dazu der Abendfrieden früherer Zeiten, S.93: »Hinter sich sahen sie die Lichter des Dorfs, eins nach dem anderen wurde angezündet. Dann läuteten die Abendglocken.« – Heutzutage röhren eher die Laubbläser….
Die Pastoren (zu Besuch) spielen Hombre die ganze Nacht und trinken Punsch. Nur manches Bild täuscht, die über Schollen springende Mutter hat Depressionen: »Sterben ist nicht das Schwerste, das Schwerste ist, jeden Tag zu leben.« Und später (S. 92): »Sterne sind für die Traurigen dar – damit sie verstehen, dass nicht einmal Trauer nützt, denn auch unsere Trauer ist zu gering.«
Doch wie schön war die Zeit, wenn die Freundinnen aus fernen Ländern zu Besuch kamen, z.B. Lady Lipton. Aber mit der Erntezeit, der Weinernte, den Wintervorbereitungen endet das »Weiße Haus«.
Mich begeistert bei Bang immer wieder, wie er mit Bildern den Leser in eine Erzählung einspinnt, trefflich die Zeit aus Kinderaugen heranholen kann, Erinnerungen andocken lässt und zum Leuchten bringt. Mit anderen Worten, wieder ein Bang als …
… Lese- und Erinnerungsvergnügen
2019 rezensiert, Biografisches, DDR, Dänemark, Hermann Bang, Hinstorff Verlag/DDR, Kindheit