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wassiljew-morgengrauen

Boris Was­sil­jew
» Im Mor­gen­grauen ist es noch still

Autor:Boris Was­sil­jew (UdSSR 1969)
Titel:Im Mor­gen­grauen ist es noch still
Aus­gabe:Ver­lag der Nation, Ber­lin, DDR, 1977
Über­set­zung:Harry Schnittke
Erstan­den:Anti­qua­risch

wassiljew-morgengrauen In einer drit­ten Welle von sowje­ti­schen Roma­nen (ab 1969) zum 2. Welt­krieg, ste­hen per­sön­li­che Schick­sale von Men­schen im Vordergrund.

Hier ist es das Ster­ben und Leben von fünf uner­fah­re­nen weib­li­chen Flak­sol­da­ten, die in der unbe­rühr­ten Natur Kare­li­ens von der Nazi-Wehr­macht ermor­det wer­den. Keine Schick­sale »heroi­scher Rot­ar­mis­ten«, son­dern der grau­same Tod von sehr unter­schied­li­chen jun­gen Frauen. Und damit stan­den erst­mals Frauen im Mit­tel­punkt eines Kriegs­ro­mans aus der dama­li­gen Sowjetunion.

Ein gleich­na­mi­ges Thea­ter­stück und ein Film (Oscar-Nomi­nie­rung!) waren in der UdSSR sehr erfolg­reich. Der Film (sei­ner­zeit gesen­det im DDR-Fern­se­hen) hat mich sehr tief berührt.

Ebenso wie die Grund­ten­denz des Romans, die zum Aus­druck kommt, als die Rot­ar­mis­tin Shenja einen Nazi-Sol­da­ten tötet.

Zitat: »Er [der Vor­ge­setzte Was­kow] wusste aus eig­ner Erfah­rung, dass das erste Gefecht Mann gegen Mann den Men­schen umkrem­pelt, weil er dabei ein Gebot mensch­li­chen Lebens über­tre­ten muss: Du sollst nicht töten.

Auch gesunde und kräf­tige Män­ner lit­ten nach sol­chen Kämp­fen und quäl­ten sich. Hier aber hatte eine Frau, eine künf­tige Mut­ter, einen Mann getö­tet. Auch das setzte Was­kow dem Geg­ner mit aufs Schuld­konto, dass er gegen die mensch­li­chen Gesetze ver­sto­ßen und sich selbst damit außer Recht und Gesetz gestellt hatte.«

Es sind Sätze wie diese, die den zutiefst huma­nis­ti­schen Kern der Erzäh­lung aus­ma­chen: Zu töten, einen Men­schen umzu­brin­gen, ist gegen die inners­ten mensch­li­chen Regeln und Gesetze. Und wurde den Men­schen der Sowjet­union durch die bar­ba­ri­schen deut­schen Erobe­rer auf­ge­zwun­gen. Ein Zwang, der nicht ein­mal vor Frauen halt machte.

Boris Was­sil­jew gelingt es die­ses ent­setz­li­che Gesche­hen deut­lich zu machen. Und kann dabei (in aller Regel) der Ten­denz zur Heroi­sie­rung, der häu­fig frü­he­ren sowje­ti­schen Kriegs­er­zäh­lun­gen inne­wohnte, widerstehen.

Eine zutiefst berüh­rende Erzählung

2016 rezensiert, Boris Wassiljew, Karelien, Menschlichkeit, Nazis, Russland, Soldatinnen, UdSSR, Zweiter Weltkrieg