Ulla Hahn
» Das verborgene Wort
Autor: | Ulla Hahn (Deutschland, 2001) |
Titel: | Das verborgene Wort |
Ausgabe: | DVA, 2001 |
Erstanden: | Antiquarisch, ein Tipp meiner Frau |
Das fraglos beste Buch, das ich im Monat März 2018 gelesen habe und hier im Berliner Blog »altmodisch:lesen« rezensiere (2023 überarbeitet).
Es ist der erste von vier Bänden, in denen die sprachmächtige Ulla Hahn niederlegt, über welche Stationen ihre Flucht aus den Engen der katholisch-kölschen Provinz gelang. Wo die Familie lesen, gar schreiben und dichten für Spinnerei hielt und alles, was außer Handwerk und Standard-Büroarbeit lag, verteufelte. Wer’s nicht glauben wollte, dem wurde es klar gemacht – auch mit schweren Prügeln. Und der Verdammung: »Willste wat besseres sin?«
Faszinierend wie Ulla Hahn von den »Buchsteinen« des Großvaters (s. Cover) an, mit Buchstaben, Sätzen, Wörtern, Ausgedachtem und – Geschriebenem eine andere, eine fremde Welt erobert.
Gleichzeitig eine selten breite, geradezu epische Geschichte einer Kindheit und frühester Jugend erzählt, die in einer mitunter entsetzlich engen und beschränkt anmutenden rheinischen Provinz spielt. Eine Welt für mich auch durch den ersten bundesdeutschen Kanzler verkörpert. Und es ist ein Kaleidoskop von Menschen und Geschichten, dem man aufgrund des Kölschen Dialekts nicht immer leicht, aber doch gerne folgt.
In den Wortspielen der Ulla Hahn – so bei der Briefablage in der öden Bürolehre – fühlt man sich an die Erpenbecksche Sprachkunst erinnert. Aber der Hahn gelingt es – trotz mancher Länge – banalen und bitteren Alltag zur poetischen Erzählung zu verwandeln, ein wichtiges Zeugnis aus deutscher Bundesrepublik zu liefern.
Wie man dieses Buch erlebt, hängt sehr vom eigenen Horizont ab, wie mir die Gespräche mit meiner im ebenfalls streng katholischen Osnabrücker Land aufgewachsenen Frau zeigten. Wo ich in der weltoffenen Metropole Berlins koedukativ und atheistisch erzogen wurde, musste ich mir manche Situation des »Verborgenen Worts« tatsächlich von meiner in einer katholischen Nonnenschule (nur für Mädchen!) erzogenen Frau erläutern lassen. Lesen bildet eben!
Besonders empfehlenswert
Nachtrag: Inzwischen habe ich alle vier Bände von Ulla Hahn über ihre Loslösung aus der Enge der rheinisch-katholischen Provinz rezensiert, man findet sie:
2018 rezensiert, BRD-Geschichte, DVA, katholisch, Rheinland, Ulla Hahn